Inside HKomm
Der Podcast – Folge 4
KI, Employer Branding, Newsroom – Impulse von
der BVHKomm Jahrestagung in Hamburg
Ina Teloudis
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Inside Hochschulkommunikation oder kurz Inside Hkomm, dem Podcast für alle, die Hochschul-und Wissenschaftskommunikation gestalten, weiterdenken und sich vernetzen wollen. Ich bin Ina Teloudis und sitze heute nicht wie sonst in meinem Studio in Schwerin oder im Homeoffice, sondern im Open Research Hub der Uni Hamburg. Die Fakultät Erziehungswissenschaften hat hier mega tolle Medienräume und einen davon dürfen wir netterweise für diese Podcast Aufnahme nutzen. Also vielen, vielen Dank auch an dieser Stelle dafür. Nur ein paar Schritte weiter im großen Audimax der Uni Hamburg läuft gerade die Jahrestagung des Bundesverbands Hochschulkommunikation mit spannenden Workshops, mit über 700 Teilnehmenden und 90 Referent:innen. Hier treffen sich Kommunikations-und Marketing-Leute aus Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, dazu Kolleg:Innen aus Pressestellen und Forschungseinrichtungen. Also kurz gesagt, lauter Menschen, die jeden Tag an guter Hochschule und Wissenschaftskommunikation arbeiten und die sich hier austauschen, vernetzen und viele, viele neue Ideen mitnehmen. Und mitnehmen wollen wir hier, wenn schon mal Jahrestagung ist, natürlich auch jede Menge guter Gespräche. Und für diese Sonderfolge holen wir euch ganz, ganz spannende Referent: innen vors Mikro.
Das Motto der Jahrestagung lautet ja in diesem Jahr „Willkommen im Team, wie KI die Kommunikation verändert”. Und genau dazu passt auch unser erster Gast. Mit ihm spreche ich über ein Thema, das uns irgendwie alle gerade bewegt: Künstliche Intelligenz in der Hochschulkommunikation. Herzlich willkommen, Benjamin Waschow, schön, dass du da bist.
Benjamin Waschow
Ja, vielen Dank für die Einladung.
Ina Teloudis
Stell dich gerne selber einmal kurz vor. Was machst du im normalen Leben? Wo bist du unterwegs und was war jetzt genau das Thema deines Vortrags auf der Jahrestagung?
Benjamin Waschow
Im normalen Leben, falls man das normal bezeichnen kann, leite ich die Unternehmenskommunikation des Uni-Klinikums in Freiburg. Mit einem 25-köpfigen Team sind wir da für die externe, interne Kommunikation, Marketing, Fundraising, Social Media, Recruiting, was man so macht in so einem Uni-Klinikum. Einfach für alles, was irgendwie mit und im Endeffekt was mit Kommunikation zu tun hat. Da sind wir zuständig.
Ina Teloudis
Und du hast hier einen Vortrag gemacht zum Thema KI- das habe ich ja schon angeteasert. Wie hieß der genau, dein Vortrag?
Benjamin Waschow
Ja, ich habe einen Vortrag gehalten, wie der Einsatz von KI-Technologien die Kommunikationsabläufe in den Kommunikations-und PR-Abteilungen revolutioniert, und zwar nicht revolutionieren wird, sondern jetzt bereits tut.
Ina Teloudis
Ich könnte mir vorstellen… wie viele Leute waren da im Auditorium?
Benjamin Waschow
Das Auditorium war gut besetzt. Da waren 160, 200 Leute angekündigt.
Ina Teloudis
Da wird der Nutzungsstand von KI sehr, sehr unterschiedlich gewesen sein. Wie hast du den Vortrag aufgebaut? Wo fängst du an? Ich meine, du musst ja nicht mehr erklären, was ist das eigentlich, sondern du hast wahrscheinlich gesagt, was ihr nutzt, oder?
Benjamin Waschow
Ja, ich habe mal vorgestellt, einfach, was wir schon alles nutzen. Und wir haben schon vor zwei Jahren angefangen mit ChatGPT unsere vollkommen KI-generierten Pressemitteilung über ein wissenschaftliches Thema herauszugeben, wo wir wirklich nur noch die URL zu der Publikation eingefügt haben und dann kam komplett die Pressemitteilung auf Deutsch mit Zitat des Wissenschaftlers raus und wir haben nichts mehr verändert und das spart- hat uns vor zwei Jahren schon Stunden an Zeit gekostet, weil jeder weiß, Wissenschaftskommunikation, Pressemitteilung über ein Thema, was in der Nature oder Science auftaucht, was schwer zu verstehen ist auf Englisch ist. Bis das fertig ist und verschickt werden kann, dauert das sieben, acht Stunden Arbeitszeit und wir drücken noch auf den Knopf, dass die Qualität stimmt.
Ina Teloudis
Das ist ein Quick Win. Das ist total nachvollziehbar und für alle irgendwie klar: Alles klar. Oh ja, das klingt gut. Das machen wir auch, machen wahrscheinlich viele auch schon oder versuchen das. Aber ihr seid ja jetzt schon viel, viel weiter. Was hast du da im Vortrag so erzählt? Was gab es an Best Practice? Was macht ihr?
Benjamin Waschow
Wir setzen bei der Pressearbeit ein. Wir setzen viel auch bei Social Media ein, also beispielsweise auch so was ganz Profanes, wie zum 1. April gehen wir irgendeinen Aprilscherz raus und dann haben wir mal ChatGPT gefragt: Wir sind im Uni-Klinikum, Social Media. Wie könnte so ein 1. April-Scherz aussehen? Und dann kamen da zehn Vorschläge. Davon konnte man acht in die Tonne kloppen. Zwei konnte man nehmen und der eine war dann, wir sollten sagen, dass unsere Schlafmediziner ein Kissen aus Schokolade entwickelt hätten und dieser Schokoladenduft zum Einschlafen bringen würde. Da haben wir gesagt: Okay, das nehmen wir. Jetzt, liebe KI, mach uns daraus den Insta-Post und generiere ein Foto. Das heißt, wir hatten dann zum ersten Mal ein von der Idee über das Foto und Text komplett KI generierte Sache. Und das ist natürlich jetzt nicht so spektakulär, so ein blöder Aprilscherz, aber sonst hätte irgendwie das Social-Media-Team dann gesagt: Wir gehen drei Tage auf Klausur und überlegen uns mal was und kommen mit irgendwas wieder. Und die Arbeitszeit für so einen Aprilscherz vorher, jetzt auch nicht so viel zu investieren, geht wesentlich schneller durch KI. Wir setzen es auch in der Krisenkommunikation ein, ob die Sachen plausibel sind, die wir rausgeben.
Wir setzen es für Frage-Antwort-Sachen ein, für Präsentationen, für Reden natürlich auch, Grußworte des Vorstands und so weiter. Und das nimmt wahnsinnig viel Zeit. Und jetzt geht es aber weiter, auch Bilder generieren, kleine Animationen für Social Media, so im Comics-Stil. Vor zwei Jahren hätte sowas 2000 Euro gekostet, hätte irgendjemand machen müssen, jetzt machen wir es selber.
Ina Teloudis
Also das kann KI, also die kann so quick and dirty Sachen auf einem guten Niveau ausspucken. Was kann KI denn nicht?
Benjamin Waschow
Was KI nicht kann, wo es an die Grenze geht, ist, wir haben ausprobiert, wir haben einen Avatar genommen. Wir dachten, jetzt gehen wir gar nicht mehr aus dem Büro raus und filmen unsere Ärztinnen und Ärzte für Instagram, dass sie sagen: Schütze dich vor Sonnenbrand oder so was, sondern jetzt nehmen wir einen Avatar, der das einspricht. Und den haben wir auch genommen, den haben wir KIM genannt, haben den auch gekennzeichnet als Avatar. Soweit würde ich nicht gehen. Heutzutage kann man einen Avatar einsetzen, ohne dass jemand sieht, dass es ein Avatar ist. Da wäre die Grenze für mich überschritten, als Einrichtung so was zu machen. Aber dieser Avatar, der kam bei den Nutzerinnen und Nutzern nicht so gut an. Also da kam der Kommentar: Das habt ihr doch nicht nötig. Ihr habt doch so viele gute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Stellt die doch hin. Das brauchen doch nur Unternehmen und Einrichtungen, die niemanden haben. Das ist unglaubwürdig. Der ist so steril. Lasst das. Und dann haben wir das einmal ausprobiert, haben den selben Text von einem Arzt sprechen lassen, genau mit dem Hintergrund, und einmal den Avatar Kim und die Likes waren bei dem Arzt wesentlich mehr und dann haben wir gesagt: Okay, jetzt beerdigen wir den Kim wieder.
Und das meine ich, man muss jetzt immer ausprobieren. Ich muss mich jetzt auch nicht hinsetzen und dreimal das Konzept checken. Ich muss es ausprobieren und wenn es nicht funktioniert, dann beerdige ich die Sache wieder und auch die KI stößt dann an die Grenzen. Das ist ja auch gut zu sehen, dass jetzt nicht alles von KI geht, sondern dass irgendwo auch noch die Menschen ein Bedürfnis haben, andere Menschen zu sehen, die wirklich auch existieren.
Ina Teloudis
Ich finde tatsächlich auch in kreativen Prozessen, es ist manchmal … Also natürlich hat die KI immer schnell eine Lösung und die ist auch in den meisten Fällen okay. Aber, was so ein paar Leute, wenn die die Köpfe zusammenstecken- mit KI-Support, meinetwegen auch…
Benjamin Waschow
Ki ist auch mehr ein Sparringspartner, also nicht die KI entscheidet oder hat die beste Idee. Wenn ich eine Idee habe, eine Kreative, kann ich mit der KI als Sparringspartner, wie mit den Kolleginnen und Kollegen, gut mal in so einen Austausch gehen, ob das vernünftig ist, warum es nicht vernünftig ist. Und dann hat möglicherweise nicht die KI die tolle Idee, sondern ich selber. Aber ich komme mit Hilfe des Dialogs, der Kommunikation durch KI zu einem besseren Ergebnis. Und das heißt, die KI alleine erzeugt nicht die guten Ergebnisse. Der gute, sehr gute Mensch auch nicht, aber zusammen, wenn man das zusammen nimmt, dann kommen sehr gute Ergebnisse raus. Alleine nicht.
Ina Teloudis
Jetzt sind ja wahrscheinlich alle Mitarbeiter im Haus, das sind ja eine ganze Menge, die ihr auch habt bei euch, die sind ja nicht alle per se als KI-Experten auf die Welt gekommen. Wie seid ihr da vorgegangen? Mit ChatGPT geht es wahrscheinlich erst mal los.
Benjamin Waschow
Das ist der Einstieg. Ja, also unsere Abteilung, die Unternehmenskommunikation, wir haben das sozusagen eingeführt. Die 15. 000 Beschäftigten kriegen jetzt in diesem Jahr auch Zugang noch zu einem geschützten ChatGPT-Basis, in einem KI-Programm, was datenschutzkonform ist. Bisher aber nicht. Wir haben da auch innerhalb des Unternehmens eine Vorreiterrolle eingenommen, da wir einfach mal gemacht haben. Und ja, es fing mit ChatGPT an, aber mittlerweile haben wir einen ganzen Strauß von Tools, die wir benutzen. ChatGPT, GEMINI, sind die beiden Großen. Ich muss sagen, ich habe gerade schon den Überblick über die Tools verloren und habe gestern im Team gesagt, ich hätte gern mal einen Überblick, welche Tools wir überhaupt oder nicht mehr eigentlich benutzen. Dass wir eine Liste haben, was nutzen wir eigentlich und vielleicht muss man irgendwas absagen, was gar keiner mehr benutzt, weil, man benutzt etwas zwei Monate, da merkt man, da gibt es ein anderes Tool, benutze das dann wieder. Also man ist die ganze Zeit in so einem Prozess, das auszuprobieren. Aber wie gesagt, es muss in der Abteilung jeder Vorgang, jeder Aktion, muss irgendwie mit KI in Berührung kommen, auch wenn man es dann vielleicht lässt. Aber das ist so der Mindset. Es gibt nichts mehr in der Kommunikation, was irgendwie keine Berührung zu irgendeinem KI-Tool hat.
Ina Teloudis
Und wenn es nur die Rechtschreibprüfung ist am Ende, zum Beispiel?
Benjamin Waschow
Ja, das wäre mir jetzt ein bisschen wenig, weil das schaffen wir auch schon mit Word. Wenn einer kommt und sagt: Ja, die Rechtschreibprüfung ging über die KI, dann wird gesagt: Ja, das ist ein bisschen dürftig jetzt. Es muss auch eine Zeitlang, jeden Dienstag jemand aus dem Team einen KI-Mini-Vortrag halten. Und da war es auch völlig egal, ob das was mit der Arbeit zu tun hat oder ob er gesagt hat: Ich habe meinen Barcelona-Urlaub jetzt irgendwie mit einem KI-Tool geplant und er es vorstellt. Einfach, dass so ein Gefühl dafür entsteht, wo ich KI überall einsetzen kann und die ganze Abteilung so einen Spirit entwickelt: Wir nutzen KI.
Ina Teloudis
Waren die von Anfang an begeistert oder gab es Leute, die schon gesagt haben: Ich habe eigentlich keine Lust, mich damit auseinanderzusetzen. Ich habe genug auf dem Tisch. Ich möchte das gar nicht.
Benjamin Waschow
Teils, teils. Es gab natürlich die, die sofort gestreckt haben und gesagt haben: Machen wir. Super, ich renne vor. Und diejenigen, die bis heute so ein bisschen dem Ganzen skeptisch gegenüberstehen und sich auch dem Ganzen ein bisschen verweigern. Interessant ist, dass es kein, wie man gesagt, Generationenkonflikt ist. Ich habe eine über 60-jährige Redakteurin im Team. Die schreibt ihr Leben lang, ihr Arbeitsleben lang, Texte auf journalistischem Niveau. Das ist dafür, wofür sie bezahlt wird. Das war sozusagen die Daseinsberechtigung im Job. Die muss erst mal mit dieser narzisstischen Kränkung umgehen, dass ihre Arbeit, das, was sie getan hat, jahrelang- plötzlich mit einem Knopfdruck die KI machen kann. Aber die hat gesagt: Ja, wunderbar. Ich habe alle meine Texte, die ich in meinem Leben geschrieben habe, hochgeladen, habe mir einen Agenten gemacht und ihr schreibt mir jetzt die Texte genau so in meinem Stil. Ist super und jetzt mache ich noch einen KI-Podcast draus und und und. Das ist auch pragmatisch und die freut sich darüber, dass sie mehr Zeit hat und dafür ja vielmehr auch Content generieren kann darüber. Und dann habe ich Jüngere, auch im grafischen Bereich, die sehen das skeptisch, konzentrieren sich immer nur auf das, was nicht geht. Das ist eine Typfrage. Und ich sollte mich eher darauf konzentrieren: Was kann die KI- das ist Wahnsinn, was da in zwei Jahren entstanden ist und nicht immer nur auf das konzentrieren, was möglicherweise- es ist ja richtig- es ist ja nicht hundertprozentig alles nur rosa-rot, aber auf die positiven Dinge mehr konzentrieren.
Ina Teloudis
Jetzt hast du gerade das Wort Skepsis schon mal ein bisschen eingebracht. Also es ist ja auch oft so, dass dem Thema aus datenschutzrechtlichen Gründen mit ganz viel Skepsis begegnet wird. Ich denke, dass es ein großer Hemmschuh ist bei vielen Hochschulen. War das bei euch auch so ein Thema, wo ihr gesagt habt, ja… schwierig.
Benjamin Waschow
Nein, das ist ein großer Hemmschuh. Der wird aber im Moment sozusagen vorgezogen. Ich habe so den Eindruck, die letzten Jahre hat man gesagt, der blöde Datenschutz, der verhindert hier alles. Er soll mal weggehen und plötzlich hole ich den Datenschutz irgendwo aus dem Kämmerlein wieder heraus, stellt ihn vor sich hin und sagt: Ich kann nichts tun, weil der Datenschutz ist da. Und der Datenschutz ist gar nicht das Problem. Es gibt einen Datenschutz, es gibt eine DSGVO, die gilt, Punkt. Und die gilt auch bei KI. Und ich muss aufpassen, wenn ich ein normales ChatGPT oder Gemini benutze, welche Daten ich da hochlade. Es gibt aber auch – und so haben wir es in der Abteilung – Enterprise-Lösungen von ChatGPT, wo die Sachen nicht hochgeladen wird – eine Pro-Version, wo Daten nicht hochgeladen werden. Als Nächstes kommen wir hinzu, dass 90% der Dinge, die wir in Unternehmenskommunikation, in der Kommunikationsabteilung benutzen, sowieso hinterher in alle Welt rausgeblasen wird. Also habe ich doch kaum Daten. Natürlich würde ich nicht eine Nature-Publikation, die noch nicht veröffentlicht ist, die Daten enthält, die noch nicht da sind, drei Wochen vorher schon auf einem ChatGPT oder GEMINI hochladen für eine Pressemitteilung, womit der lernt.
Das würde ich auch nicht tun. Aber es gibt da die Lösung, die Enterprise-Lösung, wo das kein Problem ist. Wir haben kaum Daten, es sei denn in der Krisenkommunikation, meinetwegen, wo sensible Daten auch mal mit herumgespielt werden. Da muss ich aufpassen. Aber wie gesagt, das gilt ja für alle anderen Programme auch, der Datenschutz. Und ich kann auch nicht abends auf einer Party irgendwelche interna rumerzählen. Das verstößt auch gegen den Datenschutz. Da wird so getan, als hätten wir ein Datenschutzproblem und das haben wir jetzt aber nicht. Wir haben das nicht. Und klar, ich muss einmal sagen: Achtet auch, das Wort auch, auch dort auf den Datenschutz. Auch. Ich muss keine neuen Datenschutz Sachen erfinden. Ich brauche keine Leitlinien, sonst haben wir auch keine Leitlinien. Und vor allen Dingen alles, was ich jetzt entwickle, ist eh überholt. Also, mein Vortrag, den ich heute gehalten habe, ist in einer Woche überholt. Den müsste ich neu machen. Es geht so rasend schnell in der Entwicklung und keiner weiß, wo sie hingeht, sodass ich mich doch einfach an die Rahmenbedingungen halten muss, die jetzt gesetzlich da sind und die auch ausreichend sind. Und das ist der Datenschutz. Punkt aus. Und natürlich existiert der.
Ina Teloudis
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann seid ihr als Abteilung ziemlich vorgeprescht. Zwei Jahre macht ihr das jetzt ungefähr. Wie ist denn der Rest des Klinikums aufgestellt? Ziehen die jetzt nach oder gucken die erst mal noch skeptisch oder finden die das schon gut?
Benjamin Waschow
Ja, die ziehen schon nach, das müssen sie auch alle. Wir - alle Universitätseinrichtungen, hängen hinten dran. Wir müssen dringend unseren 15. 000 Beschäftigten ein Tool zur Verfügung stellen, was datenschutz sicher auf einer ChatGPT-Basis ist. Das werden wir auch dieses Jahr hinkriegen. Ich bleibe trotzdem dabei- nicht nur wir in Freiburg, sondern alle Hochschulen, die sind zu langsam, viel zu langsam. Wenn ich bei Siemens, Telekom, Deutsche Post, alle großen Unternehmen haben längst ihren Beschäftigten datenschutzkonforme Tools zur Verfügung gestellt, mit denen sie arbeiten. Und was wir im Moment haben, ist doch, dass die meisten Leute, die sich gerne damit beschäftigen, es trotzdem benutzen, aber das ist dann nicht mehr datenschutzkonform, weil sie natürlich irgendwelche Excel-Dateien hochladen, weil sie wissen, ChatGPT, kann mir die so schnell auswerten und zusammen legen, und weil der Arbeitgeber nicht in die Pötte kommt, im öffentlichen Dienst bei uns und das zur Verfügung steht. Und das ist der große Datenschutzverstoß, weil ich kann ja den Leuten nicht das vorenthalten. Die wissen, da ist ein Tool, was meine Arbeit immens erleichtert. Wenn ich es nicht benutze, ist es schon fast eine Arbeitsverweigerung dem Arbeitgeber gegenüber, weil ich kann ja wesentlich schneller damit sein. Und jetzt sagt er: Nein, wir sind doch noch dran an Leitlinien, wir sind noch nicht so weit. Ja Gott, das kann ich verstehen, dass dann so Datenschutzverstöße passieren. Die müssten aber nicht sein. Wir sind zu spät dran. Und als universitäre Einrichtung kann das eigentlich nicht sein. Wir müssten an der Speerspitze stehen, einer Entwicklung, die nicht aufzuhalten ist, die revolutionär für die Menschheit ist. Halten die Universitäten, die universitären Einrichtungen sich zurück. Das ist eine Bankrotterklärung. Damit schaffen wir uns ab. Das hätte aus den Universitäten heraus entstehen müssen, Neuerung. Jetzt blockieren wir den Fortschritt für die gesamte Menschheit. Damit machen wir uns unglaubwürdig als universitäre Einrichtungen. Das ist nicht universitär gedacht.
Ina Teloudis
Aus deiner Perspektive, wenn du nach draußen guckst, Hochschulen, was sind jetzt die dringendsten To-Dos?
Benjamin Waschow
Wir müssen in die Gänge kommen. Wir müssen es allen Beschäftigten zur Verfügung stellen, das ist datenschutzkonform. Und noch mal, das gibt es. Ich brauche keine, darüber noch mal nachdenken und noch mal einen Arbeitskreis bilden. Es gibt es. Andere Firmen - und wir wollen uns noch nicht vormachen. Siemens hat kein Interesse daran, dass Daten abfließen, noch weniger als bei uns. Also die haben ein ganz anderes Problem, wer da alles an die Daten ran möchte- die schaffen das ja auch. Warum schaffen´s die Universitäten nicht? Jede Universität fängt jetzt an, irgendwie mit dem Datenschutzbeauftragten irgendein Konzept zu erarbeiten. Ich verstehe das nicht. Überall stehen wir vor demselben Problem. Andere haben es vor zwei Jahren gelöst. Da guckt ich doch, wie sie es gelöst haben, übernehme das und führe es ein. Aus. Das ist mir zu unterkomplex dafür, dass es nicht getan wird. Und da müssen wir dringend hin. Und als nächsten Schritt müssen wir alle, die dort arbeiten, animieren, es zu benutzen. Und ich bedarf auch nicht schon wieder tausend Schulungen, weil es ist kein neues Softwareprodukt. So, als wenn ich noch nie mit Excel was getan habe, da muss ich irgendeine Schulung machen, weil ich verstehe Excel sonst nicht. Das muss mir jemand erklären: „Du machst hier das… . Bei der KI, da frage ich. Ich sage einfach: Ich bin Benjamin Waschow, ich arbeite hier und da. Das sind meine Aufgaben. Wie kannst du mir denn bei meiner täglichen Arbeit helfen, wie kannst du mich da unterstützen? Und oh Wunder? Dann antwortet die KI wie ein normaler Mensch. Und dann habe ich einen Dialog. Ich brauche dafür keine Schulung. Ich muss einfach in einen Dialog mit der KI treten und das ist hochinteressant, wenn man das gemacht hat, dann will man das auch nicht mehr missen. Aber die Leute müssen einfach damit anfangen. Ich brauche keine Schulung. Das ist nämlich das nächste- das Erste ist der Datenschutz, der da verhindert, und das nächste: Wir brauchen erst Schulungsprogramme. Habe ich jetzt auch mehrfach gehört.
Das ist: Wir verhindern, verhindern, verhindern. Ki braucht keine Schulung. Ich fange einfach damit an und jeder hat einen Assistenten, wie einen neuen Kollegen an der Hand. Das ist es. Und mit dem gehe ich einfach um wie mit einem neuen Kollegen auch - Ich bin der. Wer bist du? Wie können wir jetzt zusammenarbeiten? Das ist es.
Ina Teloudis
Ich denke immer, warum ist das so? Warum sind wir so auf der Bremse?
Benjamin Waschow
Ich glaube, dass viele Angst haben. Das ist eine narzisstische Kränkung und deshalb konzentrieren sie sich auf die negativen Seiten der KI, weil in dem Moment, wo ich das positiv sehe und zulasse, spüre ich diese narzisstische Kränkung, und die geht weit über das Berufsleben hinweg. Das ist eine menschliche. Also, seit ChatGPT eingeführt wird, hieß es: Ja, das kann so ein paar Sachen, aber richtige Gedichte kann es nicht. Das kann nur der Mensch. So, das nächste kam: Oh, jetzt kann das doch richtige Gedichte. Das erkennt keiner mehr, ob es vom Menschen kommt. Jetzt kannst du Bilder machen. Es gibt schon Ausstellungen von KI-generierten Bildern und so weiter. Also, es folgt eine Kränkung nach der anderen. Das muss man schon so sagen.
Ina Teloudis
Fairerweise ja, ist hart.
Benjamin Waschow
Und ich glaube, dass manche das nicht wahrhaben wollen und es so vor sich her schwenken und in einem Arbeitsleben natürlich noch mehr. Natürlich wird die KI Aufgaben übernehmen, die im Moment Menschen machen. Und ja, das führt zu einer Kränkung. Auf der anderen Seite reden alle darüber, wir kriegen kein gescheites Personal, es gibt einen Fachkräftemangel, es gibt einen demografischen Wandel. Also rettet uns möglicherweise die KI. Darüber wird aber nicht gesprochen. Ich jammer auf der einen Seite, dass ich kein Personal bekomme und dass es zu wenig Menschen gibt, die die Arbeit machen könnten. Dann gibt es was, was die Arbeit übernehmen könnte, ist auch wieder nicht recht. Also ich glaube, das ist so ein gesellschaftliches – ich weiß nicht, ob es Deutsch ist – Problem. Ich sehe es aber vor allen Dingen auch noch stark in diesem universitären Bereich, was mich wahnsinnig macht, weil eigentlich früher kam da die Innovation her.
Ina Teloudis
Wie du gesagt hast, wie du es ja sehr leidenschaftlich gesagt hast, normalerweise müsstet ihr die Speerspitze sein. Benjamin, vielen, vielen Dank.
Benjamin Waschow
Sehr gerne.
Ina Teloudis
Als nächste Gästin sitzt bei mir Dr. Sarina Bornkessel von der Uni Bielefeld. Schön, dass du da bist, Sarina. Dein Thema hat gar nichts mit KI zu tun. Auf jeden Fall auf den ersten Blick nicht, sondern mit Menschen. Was machst du an der Uni Bielefeld und was war das Thema deines Vortrags auf der Jahrestagung?
Dr. Sarina Bornkessel
Ich bin Referentin für strategische Kommunikation mit dem Schwerpunkt „Image und Marke“ und – jetzt kommt der Hook – „Medizin“.
Ina Teloudis
Okay.
Dr. Sarina Bornkessel
Genau. Und mein Vortrag ging um Employer Branding für die Medizinische Fakultät OWL. Die ist nämlich neu, ist 2018 erst gegründet worden. Seit 2021 haben wir die ersten Studis bei uns auf dem Campus. Das waren anfänglich 60 junge Menschen pro Jahr. Seit diesem Jahr sind es 120 junge Menschen pro Jahr. Ab nächstem Jahr werden wir 300 Studierende jedes Jahr haben. Das heißt, bis 2031 laufen 3. 000 Medizinstudierende bei uns über den Campus und die muss man erst mal alle ausbilden. Dafür braucht man Leute. Und wir haben gemerkt, das ist schwer, die richtigen Leute zu finden. Vor allen Dingen: ärztliches wissenschaftliches Personal und naturwissenschaftliches Personal verdienen in der freien Wirtschaft einfach locker das Dreifache von dem, was sie an der Uni bekommen können.
Ina Teloudis
Okay, das heißt, ihr braucht gute Argumente.
Dr. Sarina Bornkessel
Wir brauchen gute Argumente und die liefert uns die Employer Branding-Kampagne.
Ina Teloudis
Okay, also habt ihr dann irgendwann den Bedarf festgestellt und dann festgestellt: Okay, aber wie kriegen wir die denn dann? Und dann kam: Ah, lasst uns doch mal dieses Employer Branding ausprobieren.
Dr. Sarina Bornkessel
Genau. Ungefähr so.
Ina Teloudis
Okay, das habt ihr wann gestartet? Wann habt ihr mit dem Prozess angefangen?
Dr. Sarina Bornkessel
Vor Urzeiten. Das Projekt hatte eine Laufzeit von insgesamt fünf Jahren. 2020 haben wir angefangen. Allerdings war damals noch gar nicht klar, dass wir wirklich eine Employer Branding-Kampagne brauchen. Wir hatten eigentlich den Plan, eine Standortkampagne zu machen und die medizinische Fakultät überhaupt erst mal auf die Landkarte zu rücken.
Ina Teloudis
Zur Erinnerung, wir waren bei 60 Studierenden.
Dr. Sarina Bornkessel
Genau. Und na ja, es hat sich dann allerdings im Prozess herausgestellt, dass das Problem nicht ist, dass die Leute nicht wissen, dass jetzt Bielefeld eine medizinische Fakultät hat, sondern das Problem ist wirklich der Personalaufbau. Und dann haben wir im laufenden Projekt einen Shift gemacht und haben aus der Standortkampagne eine Employer-Branding-Kampagne gemacht.
Ina Teloudis
Okay, um eine Employer-Branding-Kampagne zu machen, muss man ja ganz viel Vorarbeit machen. Ergo fünf Jahre. Wie habt ihr angefangen, den Prozess aufzusetzen?
Dr. Sarina Bornkessel
Es ging eigentlich damit los, dass wir interne Workshops in der Fakultät gemacht haben, um uns erstmal darüber klar zu werden, wer sind wir eigentlich und wofür stehen wir überhaupt? Weil das Wichtigste für eine Employer Branding-Kampagne ist ja, zu verstehen, für welche Werte man eigentlich steht. Um ein glaubwürdiges, authentisches Employer Value Proposition, also ein Arbeitgeberin-Werte-Versprechen, formulieren zu können, muss man in einem allerersten Schritt eigentlich so eine Selbstversicherung machen. Man muss willens und bereit sein, so einen ganz intensiven Reflexionsprozess durchzumachen und sich nicht nur zu fragen: Wo stehen wir jetzt gerade und was können wir den Leuten jetzt in diesem Moment zusichern und versprechen?, sondern auch die Frage zu beantworten: Was für eine Arbeitgeberin wollen wir für die Menschen denn eigentlich sein? Und wenn wir denen jetzt was versprechen, wie schaffen wir das in unseren Strukturen, das auch durchzuziehen? Wenn wir also zum Beispiel versprechen, dass man bei uns auf Augenhöhe arbeiten kann, egal in welcher Profession man unterwegs ist und egal auf welcher Qualifikationsstufe. Ziehen denn da die Leute in der Fakultät auch wirklich mit? Gibt es hier wirklich eine Duz-Kultur?
Gibt es hier keine Halbgötter in weiß, die mit flatterndem Kittel über die Gänge schweben? Also ja, da muss man sich schon sehr kritisch hinterfragen. Und das war der allererste Schritt, sich zu fragen: Wofür stehen wir eigentlich und wer wollen wir sein? Die Fakultät war zu dem Zeitpunkt zum Glück noch nicht wahnsinnig groß gewachsen. Wir haben in einer kleinen Arbeitsgruppe dafür erst mal die Vorarbeit gemacht und mit Kolleginnen aus dem wissenschaftlichen Bereich und auch aus Technik und Verwaltung erstmal Ideen dazu gesammelt und dazu Thesen formuliert. Und danach ist es dann durch die Leitungsebene gegangen und mit denen musste dann auch noch mal alles durchgearbeitet werden. Und das war dann so ein mehrstufiger Prozess, wie wir dann am Ende tatsächlich dahin gekommen sind.
Ina Teloudis
Das ist natürlich schwierig, wenn die Leitungsebene, die auch gar nicht mitentwickelt hat … Oder hat die mitentwickelt?
Dr. Sarina Bornkessel
Nein, das kam tatsächlich aus der Fakultät heraus. Also es waren wirklich Leute daran beteiligt, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Technik und Verwaltung, also nicht die professorale Ebene, sondern es war wirklich – entschuldigt bitte den Begriff – der Bodensatz der Fakultät.
Ina Teloudis
Die Basis, wolltest du sagen.
Dr. Sarina Bornkessel
Die Basis. Die Basis der Fakultät, die sich daran beteiligt hat. Es war wirklich nun auch eine kleine Gruppe, weil man muss ja auch wendig bleiben. Wenn man irgendwie versucht, Termine mit 30 Leuten zu machen, dann kommt man da nicht zu Ergebnissen. Da haben wir dann was erarbeitet und das waren aber zum Glück Leute, denen auch ganz viel Vertrauen ausgesprochen worden ist. Also die Führungsebene hatte das Vertrauen in diese Gruppe, dass wir quasi mit Ideen und mit Vorstellungen am Ende dabei raus gehen, wo sich die Führungsetage drin wiedererkennen kann. Und ich glaube, wenn es dieses Vertrauen nicht gegeben hätte, dann hätte der Prozess so nicht funktioniert.
Ina Teloudis
Und das müssen ja am Ende wirklich auch alle sagen: Ja, das stimmt. So sind wir. Da sehen wir uns.
Dr. Sarina Bornkessel
Ja, es gab natürlich noch 27 Korrekturschleifen. Das darf man auch nicht verhehlen.
Ina Teloudis
Okay, und dann?
Dr. Sarina Bornkessel
Danach ist das Ganze noch durch den Agentur Fleischwolf gedreht worden. Die Agentur hat eine Arbeitsmarktanalyse gemacht, um zu gucken, wie verhalten sich denn überhaupt die Zielgruppen? Die hat dann auch eine Zielgruppenanalyse gemacht. Also die haben wirklich qualitative Interviews mit Leuten geführt mit Ärztinnen und Ärzten, die in Kliniken arbeiten und die eine Wechselbereitschaft in die Forschung hatten und haben die befragt, was es eigentlich braucht, damit sie diese Entscheidung treffen und was sie bei einer Arbeitgeberin attraktiv finden, und um sich dann am Ende für eine bestimmte Fakultät zu entscheiden. Und das ist da mit eingeflossen. Darüber hinaus haben wir aber natürlich noch weitere Analysen innerhalb der Fakultät gemacht. Wir haben eine Kernkompetenzanalyse gemacht, wir haben auch eine Persönlichkeitsanalyse gemacht. Wir haben uns also gefragt: Wenn die Fakultät ein Mensch wäre, wie würden wir uns denn beschreiben? Welche Charaktereigenschaften treffen auf uns zu?
Ina Teloudis
Ich muss da mal so doof nachfragen. Also für mich, natürlich, Agentur-Business – ist das total vertraut, was du da sagst. So geht man natürlich vor. Das ist das Normalste der Welt. Aber wenn du natürlich jetzt zu so einem wissenschaftlichen Mitarbeiter hingehst und das fragst, der fühlt sich vielleicht veralbert- haben die alle mitgemacht?
Dr. Sarina Bornkessel
Nein, die haben alle mitgemacht.
Ina Teloudis
Das ist stark.
Dr. Sarina Bornkessel
Also zum Beispiel für diese Persönlichkeitsanalyse habe ich ganz, ganz viele unterschiedliche Leute aus verschiedenen Bereichen, verschiedene Qualifikationsstufen, habe ich gefragt: Schick mir doch einfach mal ein paar Adjektive, die du mit der Fakultät verbindest. Und das haben alle beantwortet, wirklich alle. Nicht eine einzige Person hat sich vor diese Aufgabe gedrückt. Ging natürlich auch relativ schnell. Also ich habe die Leute da nicht irgendwie in ein langes Interview reingezwungen, sondern die sollten mir per Mail oder persönlich, telefonisch wie auch immer, einfach ein paar Adjektive rüberwerfen. Daraus habe ich Wortwolken gebildet und halt geguckt, welche Synonyme kommen denn häufig vor. Und danach habe ich versucht, diese Wortwolken runterzubrechen auf jeweils einen einzigen Begriff und das wirklich semantisch so zu schärfen, dass es wirklich ganz genau auf unsere Fakultät zutrifft. Danach ist das natürlich wieder an die Leitungsebene gegangen und erstaunlicherweise haben die genickt. Die haben gesagt: Ja, das sind wir.
Ina Teloudis
Also ich glaube, dass ist schon ungewöhnlich, dass eine Fakultät so einen Schritt alleine geht und sagt: Ich glaube, wir brauchen das jetzt. Wir wollen das haben für die Fakultät, weil wir haben den Need, wir wollen neue Fachkräfte gewinnen und wir brauchen das. Ganz klar, logisch. Zieht jetzt die Uni irgendwie nach oder haben die gesagt: Das wollen wir jetzt auch- weil das ist ja nichts, was du jetzt auf alle umlegen kannst.
Dr. Sarina Bornkessel
Nein, das stimmt. Also es ist nicht übertragbar auf die Gesamtuniversität. Die Zielgruppe ist halt wirklich ärztliches, wissenschaftliches und naturwissenschaftliches Personal. Das kann man nicht auf alle Fakultäten ausrollen. Das kann man erst recht nicht auf Technik und Verwaltung ausrollen. Es ist schon eine Pionierarbeit an der Uni Bielefeld gewesen und es wurde auch mit Argusaugen beäugt. Also man hat halt schon gerade aus dem Dezernat für Personal und Organisation, die haben schon geguckt: Aha, was macht die Bornkessel denn da? Ist ja interessant. Woher hat die eigentlich so viel Geld für so eine Kampagne? Das war schon so, dass gewisse Stellen an der Uni da ein bisschen neidisch drauf geworden sind. Leider gibt es aber bis heute keine richtige Anstrengung, eine Arbeitgeberin-Marke für die Gesamtuniversität zu entwickeln. Also es sind erste Schritte gegangen worden, das schon. Wir würden gar nicht ganz am Anfang anfangen. Also es gibt schon ein Selbstverständnis, zumindest für den Bereich Technik und Verwaltung, wie sich die Uni Bielefeld als Arbeitgeberin aufstellen will. Aber gerade für den wissenschaftlichen Bereich traut man sich da, glaube ich, nicht ran, weil da sind die Fakultäten dann halt doch ja auch alle sehr, sehr unterschiedlich. Und da ein gemeinsames Dach für alle Wissenschaftler:innen zu finden, das Eisen scheint gerade noch zu heiß zu sein, es zu berühren. Aber ich wünsche mir das natürlich, dass die Uni an den Punkt kommt und das eines Tages tatsächlich macht, weil der Fachkräftemangel hat nicht vor der Medizin Halt gemacht, der macht auch vor den anderen Fakultäten nicht halt.
Ina Teloudis
Jetzt habt ihr die Arbeitgeber: in Marke- und rollt die wo aus? Also intern ist klar, intern ist es kommuniziert. Wo nützt diese euch jetzt? Wo findet die jetzt Anwendungen? Wie lebt ihr das?
Dr. Sarina Bornkessel
Also wir haben die erste Kampagnen Welle letztes Jahr im Herbst gemacht, von September bis November. Weil die so erfolgreich gelaufen ist, machen wir jetzt noch zwei weitere Kampagnen Wellen. Wir haben in der ersten Kampagnen-Welle eine überwiegend digitale Kampagne gefahren mit – klar, ganz klassisch – SEA, aber auch LinkedIn-Werbung, Google-Display-Netzwerk etc. Pp. Also eigentlich relativ klassisch. Und zusätzlich hatten wir in zehn deutschen Universitätsstädten Out-of-Home- Großflächenplakate, die wir direkt vor den Universitätskliniken aufgehängt haben. Klar, ich meine, da läuft ja die Zielgruppe herum. Die sollten uns auch bemerken. Und jetzt in den Nachfolge Wellen machen wir es nur noch digital. Wir haben uns da auch angeguckt: Was waren die Best Performer? Also was lief besonders gut? Welche Kampagnen-Motive sind auch als besonders attraktiv wahrgenommen worden?
Ina Teloudis
Magst du mal versuchen, zu beschreiben, was waren so die Motive? Was waren so die …
Dr. Sarina Bornkessel
Ja, wir hatten für die Fakultät tatsächlich drei echte Mitarbeiter:innen gewonnen, die mit ihren Gesichtern als Testimonials zur Verfügung gestanden haben. Das war eine Professorin, ein Oberarzt, der in der Didaktik arbeitet und eine wissenschaftliche Mitarbeiterin aus der Pathologie. Also, wir hatten alle Qualifikationsstufen und männlich/weiblich durchmischt. Und mit diesen drei Personen haben wir ein absolut wildes Fotoshooting gemacht und wirklich die Leute in den Mittelpunkt dieser Kampagne gestellt. Und ich glaube, das hat dazu geführt, dass sich ganz viele Menschen, die die Kampagne gesehen haben, wirklich auf einer menschlichen Ebene angesprochen gefühlt haben und sich zu Identifikation mit diesen Menschen ermutigt gefühlt haben. Und wir hatten jetzt tatsächlich einen ganz, ganz tollen Fall – da muss ich einmal gerade wirklich angeben – von einem Berufungsgespräch mit einer Bewerberin, die sich auf eine Professur beworben hat und die hat in ihrem Vortrag Bezug genommen auf die Kampagne. Die hat tatsächlich die Kampagne entdeckt und hat sich Screenshots aus dem Internet davon gemacht und hat diese Fotos in ihren Vortrag eingebaut und ist auf unsere Botschaften eingegangen und hat anhand der Kampagne begründet, warum sie zur Fakultät passt und die Fakultät zu ihr. Und da ist mir wirklich so richtig doll das Herz aufgegangen.
Dr. Sarina Bornkessel
Ja, das war wirklich ein Gänsehaut-Moment, weil ich echt gedacht habe: Ja, krass. Also unsere Kampagne, die holt die Leute auf einer emotionalen Ebene, auf einer Wertebene ab. Und bei uns bewerben sich die Menschen, die das in sich erkennen.
Ina Teloudis
Das sind ja dann auch die, die zu euch passen, ne? Also die dann auch bleiben und die dann auch glücklich sind. Hoffentlich. Kann man die irgendwo noch sehen?
Dr. Sarina Bornkessel
Die Kampagnen-Website, die kann man sehen. Die Kampagne selber findet man nicht, wenn man nicht zur Zielgruppe gehört.
Ina Teloudis
Ich werde nachher mal googeln. Oder kannst du uns den Link zur Kampagne noch mal zur Verfügung stellen?
Dr. Sarina Bornkessel
Na klar.
Ina Teloudis
Okay. Also das ist was, was wir auf der Jahrestagung schon wahrgenommen haben, dass Employer Branding aber auch ein Thema ist, wo viele zurückschrecken und sagen: Boah ja, große Nummer, da möchte ich mich nicht ran trauen. Jetzt hast du es schon gemacht. Ich will auch gar nicht sagen, nur für eure Fakultät, weil das ist trotzdem ein Mords-Prozess, der ewig dauert. Was würdest du sagen, sollte vielleicht der erste Schritt sein, wenn ich sage: Ich möchte das jetzt zumindest mal vorsichtig anschieben das Thema.
Dr. Sarina Bornkessel
Der allererste Schritt muss sein, dass die Führungsetage kapiert, dass es notwendig ist.Das ist leider wirklich so. Also hat man die Leitungsebene nicht an Bord, kann man diesen Prozess vergessen, weil es ganz viel Commitment bedeutet, auch von der Leitung Etage. Die müssen bereit sein, auch den Finger in die Wunde zu legen, auch zu verstehen, an welchen Stellen sind wir denn vielleicht unattraktiv für die Zielgruppe? Und was müssen wir machen, damit wir besser werden für die Zielgruppe? Und da kann man als Kommunikatorin, die in der Mitte zerquetscht wird zwischen Anforderungen von oben und Anforderungen von unten, kann man das alleine nicht leisten. Also man braucht den Rückhalt durch das Rektorat oder durch das Dekanat, damit man das machen kann. Und man braucht das Commitment, dass die da auch mit einsteigen wollen.
Ina Teloudis
Man braucht auch ein bisschen langen Atmen. Das müsste natürlich auch klar sein. Das auch. Sarina, vielen lieben Dank, dass du ein bisschen geplaudert und erzählt hast, was euch vorangebracht hat.
Dr. Sarina Bornkessel
Sehr gerne. Danke, dass ich hier sein durften.
Ina Teloudis
Also, mein nächster Gast hat mit seinem Team eine Mammutaufgabe gestemmt, finde ich, vor der eigentlich jede Hochschule oder Uni steht, ohne Ausnahme. Herzlich willkommen bei uns im Podcast, Moritz Schmidt-Degenhard
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, hi. Freut mich, hier zu sein. Danke für die Einladung.
Ina Teloudis
Schön, dass du da bist. Magst du einmal kurz sagen, was du machst, wo du herkommst und was das Thema deines Vortrags war?
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, genau. Also Moritz Schmidt-Degenhard, ich komme von der Universität Bielefeld aus Nordrhein-Westfalen, bin dort Leiter der Abteilung, die sich Medien-und Wissenschaftskommunikation nennt und bin dort betraut mit der Content-Strategie letztlich. Also leite ich diese Abteilung und habe den Auftrag, unsere Content-Strategie über das Referat auszurollen.
Ina Teloudis
Das machst du nicht alleine? Wie viele Leute habt ihr da in der Abteilung?
Moritz Schmidt-Degenhard
In der Abteilung sind wir etwa zehn Leute, grob gesagt. Im ganzen Referat sind wir 35 Köpfe und im Newsroom arbeiten wir auch übergreifend. Also nicht nur die Abteilung, die ich jetzt leite, sondern auch andere Abteilungen kommen da zusammen. Da sind wir dann etwa 25 Personen.
Ina Teloudis
Der Titel deines Vortrags, sag ihn noch mal, weil der ist so schön plakativ und dann werden gleich alle sagen: Oh, okay, da bin ich ja mal gespannt.
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, der Titel ist, wie wir die Content-Strategie einer Universität neu gedacht haben. Und wir haben tatsächlich eigentlich die glückliche Situation gehabt, dass wir uns da mal richtig Zeit nehmen für konnten und das war jetzt mein Vorgesetzter, Ingo Lohuis, die Idee hatte Okay, wir gehen das hier mal ein bisschen anders an, neu an und eben auch eine Stelle besetzen konnte oder anders besetzen konnte, die es in der Vergangenheit zwar auch gab, aber jetzt mit einer anderen Ausrichtung. Und so wurde ich dann auch eingestellt, letztlich. Das heißt, wir konnten wirklich von Grund auf sozusagen diesen Newsroom, nennen wir das, und die Content-Strategie aufsetzen.
Ina Teloudis
Ich glaube, da seid ihr die ersten, die das so massiv … Also ich habe auf jeden Fall noch nicht davon gehört. Das ist so …
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, ich frage mich das auch. Also ich höre es von Hochschulen so auch nicht, weil jetzt auch das Feedback, was wir so aus der Session bekommen haben, dass das wohl nicht so verbreitet ist. In der Wirtschaft gibt es das natürlich schon. Da ist das verbreiteter und gibt es dann mehreren Stellen.
Ina Teloudis
Jetzt hast du ja gerade schon gesagt, Newsroom. Was heißt das? Was war die Aufgabe? Was war quasi das Problem, das ihr damit gelöst habt?
Moritz Schmidt-Degenhard
Genau, das nennt sich Corporate Newsroom. Das ist so ein Konzept, was Professor Moss mal erfunden hat. Da kann man googeln, wenn man sich das mal zu Gemüte führen möchte. Im Wesentlichen sind es, ich breche jetzt mal ganz knapp runter auf zwei Elemente. Das eine ist eine Art Themen Architektur, dass man wegkommt von, wir reagieren irgendwie auf die Sachen, die in der Uni passieren bei uns und stattdessen proaktiv überlegt, was wollen wir eigentlich kommunizieren? Für den Bereich Forschung wirklich mal runterzubrechen, was sind die einzelnen Unterthemen Felder? Und ganz wichtig: Was wollen wir auch alles nicht kommunizieren? Also da eine Priorisierung reinzukriegen. Und das machen wir dann eben für alle Themenfelder: Studium und Lehre, Third Mission, Arbeitswelt und so weiter. Und das einmal wirklich aufzuschreiben und auch mit Zahlen ein bisschen zu hinterlegen: Wie groß wollen wir welches Thema spielen? Das ist das eine große Element.
Ina Teloudis
Wird da auch schon entschieden, wo wird das gespielt oder kommt das alles erst später?
Moritz Schmidt-Degenhard
Das kommt alles erst später. Das ist gerade das Schöne, dass wir uns da in dieser Phase nur Gedanken über die Themen machen. Und das ist ein ganz wichtiges Element: Wir wollen weg ein Stück weit von den Kanälen und erst mal nur über das Thema frei auf der grünen Wiese denken: Was sind eigentlich die Themen, die Botschaften, die Stories, die wir nach draußen tragen wollen und was nicht? Weil, so schaffen wir es, sozusagen das Profil der Uni auch zu schärfen. Wenn wir alles kommunizieren, dann wird es beliebig. So- und stattdessen müssen wir viel stärker darauf achten, was wir kommunizieren und was nicht und Dinge weglassen. Das ist sozusagen das eine, diese Themen Architektur, und das andere ist dann eine Organisationsform. Und das ist dann dieser Corporate Newsroom. Der ist ein bisschen schwer zu beschreiben. Ich habe da immer tolle Folien, wo man sich das vorstellen kann. Aber das ist schwierig im Podcast, oder? Genau, aber man kann das mal googeln, dann findet man diese Modelle ganz schnell. Ich versuche, das mal so zu beschreiben. Es gibt einen Bereich, der nennt sich „Themenmanagement“. Das ist genau diese Themen-Architektur. Da kommen wir in Teams zusammen, die sich dann nur über dieses Thema Gedanken machen. Und dann gibt es auf der anderen Seite von diesem Modell Teams, die sich nur über die Kanäle Gedanken machen. Umsetzung. Und wie können wir das am besten verpacken, damit es auf TikTok gut funktioniert oder als Pressemitteilung oder auf LinkedIn. Und in diesen zwei Teams, da ist eine gewisse Reibung schon eingebaut, die müssen zusammenkommen. Also wenn auf der Themenseite kein Thema vorgeschlagen wird, dann wird nichts gemacht. Und wenn die Themen, die vorgeschlagen werden, auf der Kanalseite nicht verpackt werden können oder sollen, dann wird auch nichts gemacht. Das heißt, man muss sich da irgendwie einigen, damit was entsteht. Und das ist eigentlich der spannende Punkt, weil genau da wird es dann kreativ und genau da wird es dann auch ein Stück weit effizient, dass die richtigen Botschaften zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal landen.
Ina Teloudis
Was ist denn die größte Veränderung zu vorher?
Moritz Schmidt-Degenhard
Ich würde sagen, die größte Veränderung ist eigentlich, dass wir übergreifender arbeiten. Man spricht immer davon, dass man Silos aufbricht. Ich glaube, das kennen viele auch aus dem Alltag, dass man so ein bisschen … Man hat das Team der internen Kommunikation, vielleicht das Marketing, man hat Wissenschaftskommunikation, Kommunikation. Und es ist ja nicht so, dass sie nicht miteinander sprechen, aber man hat trotzdem vielleicht eigene Prozesse, eigene Begebenheiten für die Kanäle. Und das brechen wir tatsächlich oder haben wir stark aufgebrochen, weil wir sozusagen alles in den Newsroom bringen und das ändert tatsächlich auch ein Stück weit die Rollen der Leute. Das heißt, jemand, der sich mit interner Kommunikation vor allem beschäftigt, muss dann auch über die externe Kommunikation nachdenken, weil wir vom Thema her kommen. Das heißt, es ist ein Thema, was vielleicht Arbeitswelt betrifft und wie gesagt mal, klassische was logischerweise vielleicht eher ein internes Kommunikationsthema ist, aber dann denken wir es erst mal vom Thema her und dann kommen wir zusammen und ganz am Ende entscheiden wir erst, was wir damit machen. Und da ist der Vorteil, dass wir, dadurch, dass wir die Teams anders zusammenbringen, kreativer werden, und viel besser voneinander wissen, was wir eigentlich machen.
Die Transparenz hat sich enorm erhöht. Wir bilden das über eine Software ab, die uns dabei unterstützt.
Ina Teloudis
Was ist das für eine Software?
Moritz Schmidt-Degenhard
Wir haben uns da für Scompler entschieden. Es gibt aber auch viele andere Anbieter, die das machen. Und das Tolle an Scompler oder generell an diesen Softwares ist, dass man diese Themen Architektur eben dort abbilden kann. Das heißt, wenn ein neues Thema reinkommt, kommt irgendwie eine Anfrage zum Beispiel aus dem Haus oder irgendwie eine neue Veranstaltung, dann müssen wir auch erst mal gucken, wo packen wir das jetzt eigentlich rein? Also wo passt das rein in die Themen Architektur? Und wenn es nicht reinpasst, dann ist eben das Schöne: Da machen wir es auch nicht.
Ina Teloudis
Und das ist aber auch ein Lernprozess. Man kennt das ja: Man hat was, man hat ein Thema und man bringt das in den Newsroom und dann sagt der Moritz unter Umständen: Also tut mir leid, das sehe ich nicht.
Moritz Schmidt-Degenhard
Das ist sogar ein Stück weit das Ziel des Ganzen. Also diese Themen Architektur, und das ist für uns auch ein wichtiger Schritt gewesen, die haben wir auch mit der Hochschulleitung einmal komplett abgestimmt und die haben sich auch dahinter gestellt. Also, da hat sie gesagt, das sind die Themen der Universität Bielefeld, die wollen wir transportieren. Und da drin steckt natürlich dann auch: andere Themen nicht so. Also da haben wir eine Priorisierung und das hilft uns total im Haus, wenn dann Anfragen kommen, zu sagen: Wir haben eben hier diese Content-Strategie, die haben wir gut hinterlegt, die ist vom Rektorat auch gedeckt und so können wir ganz gut argumentieren, was wir machen und was nicht.
Ina Teloudis
So einfach, wie du das jetzt sagst, war es wahrscheinlich ja nicht. Wie lange hat es gedauert, bis das so verankert war? Wie habt ihr das ausgerollt? Wie habt ihr versucht, alle mitzunehmen und keinem weh zu tun?
Moritz Schmidt-Degenhard
Also ich glaube, ganz ohne Schmerzen wird es wahrscheinlich nicht gehen. Wir haben uns aber viel Zeit genommen und ich glaube, das ist auch total entscheidend. Also diesen Newsroom einzuführen und die Content-Strategie, das ist ein riesiger Change-Prozess bei uns gewesen. Für die Strategie allein haben wir uns, ich sage mal, rund ein Jahr Zeit genommen, die wir auch im Team von Anfang an zusammen entwickelt haben, in mehreren Workshops. Das war ganz wichtig, dass wir da alle von Anfang an auch mitnehmen, weil ich glaube, ohne dass man die mitnimmt, dann ist die Akzeptanz nicht da. Das war ein ganz entscheidender Punkt. Dann gab es, ich würde sagen, ungefähr noch ein weiteres Jahr, wo wir dann die Software sozusagen beschafft haben und diese ganzen Prozesse, Überlegungen, das, was sich jetzt extrem abstrakt hier anhört, dann in diese Software auch zu implementieren, das zu hinterlegen, die Workflows da einzutragen und dann loszulaufen. Also an einem Punkt X dann auch wirklich zu starten mit allen zusammen. Genau.
Ina Teloudis
Diese Software, also das klingt ja so, als wenn das schon wirklich ein existenziell wichtiger Teil auch wäre. Passt die auch auf? Ist das so eine Art Instanz? Die sagt man: Mensch, Thema Forschungen habt ihr jetzt aber wirklich ein bisschen wenig gespielt die letzten zwei Wochen. Oder ist es für dich so, dass du drauf gucken kannst und sagen kannst: Oh, wir schwächeln gerade ein bisschen im Bereich…?
Moritz Schmidt-Degenhard
Nein, wir haben uns ja Ziele gesetzt, sozusagen für die einzelnen Themenfelder. Nicht konkret, dass wir sagen, wir müssen jetzt 100 Beiträge für Themenfeld X machen, sondern eher prozentual. Aber wir gucken dann, und das ist auch genau Ziel des Ganzen, regelmäßig drauf, wie viel haben wir gemacht im Verhältnis zu anderen Themen und haben wir bei manchen Sachen vielleicht zu viel gemacht oder zu wenig. Und das passiert auch. Also jetzt nach einem halben Jahr sehen wir, okay, wir sind im Unter-Themenfeld Y, haben wir viel mehr gemacht, als wir eigentlich gedacht haben. Und da wird es dann eben spannend, wenn wir dann uns hinterfragen müssen und die Köpfe zusammenstecken müssen und sagen, okay, Warum haben wir da mehr gemacht? Gibt es da einen guten Grund für? Müssen wir unsere Themenauswahl noch mal anders machen? Müssen wir weniger machen? Da haben wir dann Zeit, das zu hinterfragen.
Ina Teloudis
Wie lange läuft das jetzt? Du sagst, wir haben jetzt den Newsroom und es läuft jetzt so. Wie lange macht ihr das jetzt?
Moritz Schmidt-Degenhard
Genau, wir sind gestartet im Dezember 2024, also jetzt rund etwas mehr als ein halbes Jahr.
Ina Teloudis
Das ist ja auch noch early days eigentlich.
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, wir lernen auch noch total dazu. Und ich glaube, das ist auch wichtig, wenn man sich da auf den Weg macht. Das wird auch nicht aufhören. Wir werden da immer weiter lernen. Das Schöne ist am Newsroom, der löst nicht automatisch alle Probleme, aber er zeigt sehr gut auch, wo die Probleme liegen. Und da muss man sich Zeit lassen und sagen: Okay, wir gehen jetzt nicht alles auf einmal an. Wir kümmern uns erst den Kanal LinkedIn zum Beispiel, bringen das voran und nächstes Jahr kümmern wir uns um andere Themen. Man kann sehr gut sichtbar machen, wo es hakt und muss dann aber auch sich die Zeit nehmen und Platz lassen, das dann nach und nach abzuarbeiten.
Ina Teloudis
Was ist dann jetzt, nach fast einem Jahr, deutlich messbar? Weil erst mal, wenn du natürlich so eine Neuerungen hast, da steckt erstmal ganz viel Mehraufwand dahinter. Wird es weniger Aufwand oder bleibt es der gleiche Aufwand mit einem besseren Output? Kann man das sagen?
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, es ist so, dass wir uns für manche Schritte, nämlich gerade wenn es darum geht, warum kommunizieren wir eigentlich? Da wollen wir uns bewusst mehr Zeit nehmen. Das heißt, wirklich zu hinterfragen, nicht einfach, wo spielen wir jetzt irgendwie das? Klar, das ist ein Post für Insta und das ist eine Pressemitteilung, sondern erst mal zu überlegen, okay, für wen machen wir das eigentlich und was ist der Mehrwert für die jeweiligen Zielgruppen? Schauen uns dann Personas an, und lassen uns mehr Zeit bei der aktiven Themengestaltung, also dass wir wegkommen vom Reagieren. Und dann kommt zu einer Planung, dass wir proaktiv wirklich Themen entwickeln. Das ist erst mal mehr Aufwand und das geht nur, indem wir andere Sachen weniger machen. Und das heißt, dass unser Output wahrscheinlich etwas geringer ist. Und das finde ich aber gar nicht schlecht, wenn dafür die Sachen, die wir rausbringen, mehr Sinn ergeben.
Ina Teloudis
Wo ist der Haken? Warum machen das nicht alle?
Moritz Schmidt-Degenhard
Ich glaube, wenn man sich so dran setzt – das habe ich auch gestern im Vortrag gemerkt, das wird uns auch gespiegelt –, erst mal erschlägt es einen so ein bisschen, weil man natürlich jeden Stein einmal umdreht. Also wenn man anfängt, sich damit zu beschäftigen, wie sollen eigentlich unsere Prozesse aussehen, dann muss man sich alles einmal angucken. Alle Prozesse, wie gehen wir mit Bildern um? Wie gehen wir mit KI um? Was ist uns eigentlich im Themenfeld Studium und Lehre wichtig und was nicht? Also, sich damit mal zu beschäftigen, das machen wir zwar irgendwie sowieso alle, aber das mal wirklich systematisch zu tun, ist einfach zeitaufwendig. Genau. Und es tut auch hier und da weh, weil man einfach sich selber immer wieder hinterfragen muss. Und ich glaube, man muss einfach ein Stück weit jemanden haben. Da hatten wir mit Ingo Lohuis jemanden, der diese Vision auch hatte und in der Leistungsfunktion das natürlich auch dann vorantreiben konnte.
Ina Teloudis
Vorantreiben ist schön an der Stelle.
Moritz Schmidt-Degenhard
Wir hatten ein Team, was dann auch Bock hatte. Das ist, glaube ich, auch nicht überall so. Bei uns hat das gut funktioniert, dass alle mitgezogen haben und man muss Geduld haben und sich Zeit lassen. Man darf es nicht überstürzen.
Ina Teloudis
Was kam gestern nach deinem Vortrag? Was kamen da so für Fragen?
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, das war unterschiedlich. Es kamen viele operative Fragen: Was macht ihr, zum Beispiel, wenn jetzt Memes auf einmal entstehen? Habt ihr dann überhaupt die Zeit, diese ganzen Prozesse da zu durchlaufen? Oder es gab auch viele Fragen aus einzelnen Bereichen, aus der internen Kommunikation zum Beispiel, die sofort erkannt haben, was da für eine Chance drinsteckt und gesagt haben: Ja, wir fühlen uns oft allein in unseren Prozessen und es müsste eigentlich viel organischer zusammen gedacht werden. Es gab Fragen dazu, was du auch schon gestellt hattest: Wie aufwändig ist das eigentlich? Wie macht ihr das mit der Software? Wie stellt ihr sicher, dass alle Bescheid wissen? Was macht das mit den Kolleginnen, wenn sich da so viel ändert? Also genau, querbeet.
Ina Teloudis
Ja, das ist natürlich ein Eingriff. Wir wissen, ihr habt das 30 Jahre so gemacht, aber wir möchten jetzt gerne einmal alles umdrehen in jeden Stein und mal wissen, wie ihr es genau macht, und dann machen wir es alles anders.
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, aber ich würde sagen, das müssen wir eh machen. Ich glaube, was wir im Wesentlichen getan haben, ist, uns eine Form zu geben, wie wir diese Prozesse verhandeln und dass wir sicherstellen, dass wir das regelmäßig tun und nicht nach drei Jahren panisch zusammenkommen, weil wir auf Instagram hinterher hinken, sondern jetzt beschäftigen wir uns einmal im Quartal nur mit der Kanalbrille Instagram und können da immer vorne dranbleiben, was jetzt die Trends und die neuen Algorithmen Wechsel angeht, dass wir das im Blick behalten.
Ina Teloudis
Das ist eine Selbstkontrolle, ein Qualitätsmanagement ist es ja auch.
Moritz Schmidt-Degenhard
Genau, genau. Das Gleiche machen wir eben auf Themenseite, dass wir einmal im Quartal zum Themenfeld Forschung zusammenkommen und uns überlegen, was sind die nächsten Themen für die nächsten drei Monate, die wir da entwickeln möchten.
Ina Teloudis
Wenn ich gestern in deinem Vortrag war oder diesen Podcast gehört habe und denke: Ja, Mensch, eigentlich hat er recht. Es wird dringend Zeit, dass wir so einen Prozess bei uns anstoßen. Eigentlich brauchen wir das auch, so ein Corporate Newsroom. Was ist denn der erste Schritt?
Moritz Schmidt-Degenhard
Genau, ich glaube, der erste Schritt, bevor man anfängt, sich über die Themen Architektur oder über die Kanäle Gedanken zu machen, ist, sich erst mal über diesen Veränderungsprozess Gedanken zu machen. Wir haben das mal Change Story genannt. Also was wollen wir eigentlich erreichen und was ist unsere Ausgangslage und wie können wir unser Team möglichst gut mitnehmen und das auch so machen, dass alle im Team sich da wohlfühlen und sich einbringen können. Also ich glaube, damit würde ich starten, dass man sich darüber erst mal in Ruhe Gedanken macht und einen Plan entwirft und dann das Team abholt und gemeinsam eine Vision entwickelt. Wir hatten im Vortrag eine sehr praktische Checkliste tatsächlich. Da steht dann so ein bisschen drin, was man da alles abarbeiten kann. Aber das ist einfach viel, was man da nach und nach entwickeln muss. Und ich glaube, das Wichtigste ist, dass man alle von Anfang an dabei hat.
Ina Teloudis
Diese Folie, würdest du die zur Verfügung stellen?
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, genau. Ich glaube, das ist auch total hilfreich, sich das mal anzuschauen, weil das sonst sehr abstrakt sein könnte. Also Folien kann man sich gerne anschauen und gerne auch mal anrufen oder eine Mail schreiben. Dann können wir auch drüber quatschen.
Ina Teloudis
Super, okay. Ansonsten wendet euch vertrauensvoll an uns. Wir sind dann der Foliendealer.
Moritz Schmidt-Degenhard
Foliendealer, ja.
Ina Teloudis
Vielen, vielen Dank, Moritz und weiter gutes Gelingen. Ich bin gespannt, was du erzählst, wenn wir uns in einem Jahr vielleicht noch mal sprechen.
Moritz Schmidt-Degenhard
Ja, ich glaube, dann wird sich auch einiges schon wieder geändert haben. Wir sind kontinuierlich dran, das irgendwie weiter zu entwickeln und lernen selbst noch dazu. Genau, wir sprechen nächstes Jahr gleich noch mal. Da gucken wir.
Ina Teloudis
Und das war sie, Folge vier von Inside Hochschulkommunikation, Powered by Bundesverband Hochschulkommunikation und Mandarin EDU. Eine Sonderfolge von der Jahrestagung des Bundesverbandes an der Uni Hamburg. Habt ihr Feedback? Einen eigenen Teamvorschlag? Wollt gerne selber mal mitreden? Meldet euch gerne. Alle Kontaktinfos, auch die von unseren Gästen, findet ihr in den Shownotes. Bis in 14 Tagen.