Inside HKomm

Der Podcast – Folge 5

Markenbildung an Hochschulen – zwischen Change und Gegenwind

[00:00:09.840] - Ina Teloudis

Herzlich willkommen zu Insight HKomm. Eine neue Folge. Die 14 Tage sind schon wieder rum. Ich bin Ina Teloudis und ich freue mich sehr, dass ihr heute, liebe Zuhörenden, auch wieder dabei seid. Vor zwei Wochen gab es unsere Sonderfolge von der Jahrestagung des Bundesverbands Hochschulkommunikation in Hamburg, geballt mit gleich drei Themen in einer Episode. Heute nehmen wir uns wieder Zeit für einen Deep Dive in ein Schwerpunktthema. Und das hat es wirklich in sich. Wir sprechen über Markenbildung an Hochschulen. Ein ganz komplexes Feld, das bestimmt auch zu den Königsdisziplinen der Hochschulkommunikation zählt, also mit großer Strahlkraft. Das ist immer toll. Aber über die Herausforderung und den Gegenwind, der einem dabei ordentlich die Ohren wehen kann. Dazu haben wir heute zwei Gäste eingeladen um mal so ein bisschen aus der Praxis zu plaudern. Das ist einmal Karin Bauer-Leppin von der FU Berlin. Herzlich willkommen. Und mein Kollege Christian Freimuth von Mandarina EDU. Schön, dass du auch dabei bist.

[00:01:18.480] - Christian Freimuth

Hallo.

[00:01:20.060] - Ina Teloudis

Wärt ihr so lieb und würdet einmal sagen, was genau ihr im Tagesgeschäft so treibt? Karin, fang doch mal an.

[00:01:27.220] - Karin Bauer-Leppin

Also unser Tagesgeschäft ist weit weg von dem, was man Markenkommunikation nennt. Wir sind normalerweise zuständig für Presse-und Medienarbeit. Wir bekommen sehr, sehr viele Anfragen von Radiosendern, von Zeitungen, Fernsehsendern auf der Suche nach wissenschaftlichen Expert: innen, die bestimmte Sachen erklären, die gerade zum Beispiel in der Politik stattfinden oder in anderen Bereichen. Dann haben wir eine Event-Abteilung, die die großen Veranstaltungen der Uni organisiert. Wir haben ganz tolle Kolleginnen und Kollegen, die Social Media machen, die unsere Webseite betreuen, die tolle Texte schreiben für unsere Magazine und auch Alumni betreuen. Es gibt eine ganze Reihe von Aufgaben, die wir haben und die in den Uni-Kommunikationsabteilungen unterschiedlich verteilt sind. Mal gehört das eine dazu, mal das andere nicht. Bei uns ist auch noch ein tolles Übersetzungsteam dabei, das dann dafür sorgt, dass das auch auf Englisch alles ganz professionell klappt.

[00:02:21.300] - Ina Teloudis

Christian, wie ist es bei dir?

[00:02:23.600] - Christian Freimuth

Ich bin inzwischen seit fast zehn Jahren Texter und Konzepter bei Mandarin. Davor war ich auch schon bummelig zehn Jahre in anderen Agenturen unterwegs. Und bei Mandarin bezieht sich Text und Konzept ja eigentlich auf alle unsere Produkte und Leistungen, also von der Architektur großer Portale über Kampagnen Konzepte, eben das Schreiben von Texten aller Art bis zur Entwicklung und Führung von Marken. Und das halt wiederum auch von der Strategie bis zur Detailausführung einzelner Maßnahmen, die dann ja alle zur Markenbildung beitragen. Die meiste Zeit hatte ich in den 20 Jahren mit Produktmarken, also Consumer-und B2B-Marken, zu tun und inzwischen bin ich bei Mandarin seit etwa anderthalb Jahren in dem Team, das sich auf Arbeitgeber:innen Marken und eben Bildungs Marken spezialisiert hat, weil das einfach gerade ein total interessantes und für mich in den meisten Fällen auch sinnhafteres Feld ist.

[00:03:14.960] - Ina Teloudis

Trotzdem, Karin, hast du ja ganz, ganz tief geschürft im Bereich Markenbildung. Es ist jetzt zwei Jahre her, glaube ich. Da habt ihr auch ordentlich am Markenkern geschraubt. Magst du einmal ganz kurz erzählen, was da passiert ist vor zwei Jahren? Was genau habt ihr gemacht im Bereich Markenbildung? Habt ihr an eurer Marke was erneuert? Was war so die Aufgabe?

[00:03:37.500] - Karin Bauer-Leppin

Erst mal sage ich jetzt lieber wir als ich, weil, das ist natürlich eine Aufgabe, die eine Person nicht alleine leistet. Wir hatten die Anforderung – das war schon mit meinem Eintritt in die FU Berlin –, ganz klar, dass wir an die Marke, an das Logo herangehen sollten. Das hatte verschiedene Gründe. Unser vormaliges Logo war sehr, sehr kleinteilig. Es war sehr breit, also das heißt, es hatte Überbreite. Und wenn man sich vorstellt, wie Logos abgebildet werden, dann werden die Logos alle auf eine Breite runterskaliert, damit jeder seinen gleichen Platz hat. Und dadurch war unseres immer sehr, sehr klein. Es hatte weitere Nachteile, die man im Prinzip auch in Social Media und auch auf der Webseite nicht mehr gut darstellen konnte. Zum Beispiel mussten wir auf der mobilen Webseite ein anderes Logo benutzen, weil einfach diese Form des Logos und diese Kleinteiligkeit dort gar nicht funktioniert hat. Und das passt natürlich nicht zu einer modernen Strategie, wo man versucht, eben genau die Marke, die man hat, wirklich auch prominent und gleichaussehend überall einzusetzen, denn das ist letzten Endes ja der einzige Weg, wie man so eine Marke auch verankern kann, wenn man nicht andauernd mit verschiedenen Darstellungen seiner selbst arbeitet.

[00:04:47.800] - Karin Bauer-Leppin

Insofern war das der Ausgangspunkt und wir haben im Prinzip festgestellt, wir können nicht einfach nur an einem Logo schrauben und das ist auch eine ganz großes öffentliches Missverständnis, dass es in solchen Prozessen ein Logo geht. Natürlich ist am Endeffekt ein anderes Logo da, aber die viel größere Arbeit und der viel größere Aufwand liegt eigentlich bei der Frage: Wofür stehen wir? Was ist denn eigentlich unser Markenkern? Was sagen wir mit unserer Außendarstellung aus? Was denken wir über uns? Was wollen wir das andere von uns wissen, wenn sie uns betrachten? Und dann geht es natürlich auch um Schriften, es geht um Farben, es geht um so viel mehr als ein Logo. Aber das Logo ist das, was für viele Außenstehende das Sichtbarste eines solchen Prozesses ist. Und da so viel geändert wird – auch die Erfahrung hatte ich in einem vorherigen beruflichen Umfeld schon gemacht –, als ich bei einem Privatunternehmen oder einem Konzern war, wo auch das Logo geändert wurde –, dann verursacht das sehr, sehr viel Unbehagen. Und Deshalb haben wir von Beginn an auch einen sehr großen Prozess der Miteinbeziehung der Uni gestartet und haben ganz viele Sachen gemacht, damit wir wissen, das ist nicht einfach eine Entwicklung von fünf Fachleuten, sondern das ist eine Entwicklung, an der hunderte Menschen in der Uni, in der Stadt teilnehmen können.

[00:06:03.200] - Christian Freimuth

Wir sind ja jetzt hier in einem Podcast und deswegen wäre es natürlich interessant für alle, die uns zuhören, wenn du noch mal kurz beschreiben könntest, wie sah denn das Logo vorher aus? Du hast ja schon gesagt, sehr ausladend und so. Und wie sieht es denn jetzt aus? Dass wir uns das ein bisschen besser vorstellen können?

[00:06:17.160] - Karin Bauer-Leppin

Ja, vorher war das Logo eine Kombination aus den Wörtern „Freie Universität Berlin und unserem Siegel. Unser Siegel ist, obwohl wir eine sehr junge Universität sind – wir sind jetzt 77 Jahre alt, wir waren 75, als wir das Logo erneuert haben. Das ist für eine Uni erst mal nicht viel. Nun sieht unser Siegel, muss ich sagen, aus, als wäre es irgendwie in den 1560er Jahren entwickelt worden. Es hat lateinische Begriffe drin, Veritas, Justizia und Libertas, und benutzt auch Symboliken, die eindeutig eher aus historischen Sachen entlehnt sind. Gleichwohl ist es sehr, sehr anerkannt und hatte auch durchaus eine Bedeutung. Also insbesondere diese lateinischen Begriffe, die ja für Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit stehen, sind natürlich auch nach wie vor Werte, die ganz hoch und auch mit unserer Gründungsgeschichte übereinstimmen. Insofern war es schon richtig und ist es auch richtig, dass wir an dem Siegel festhalten, aber es hat nicht funktioniert, das als Logo zu benutzen, weil der Schriftzug Freie Universität, dann Siegel, kleiner Kreis und dann Berlin eben sehr große Breite hatte. Es geht gar nicht anders. Was wir jetzt haben, ist ein F und ein U, die sehr stark fragmentiert sind. Wenn man sich das anschaut und weiß, das ist ein F und ein U, sieht man es sofort.

Wenn man es nicht so genau weiß, dauert es eine Weile und es gibt einen sehr starken und sehr selbstbewussten Schriftzug untereinander, Freie, nächste Zeile Universität, nächste Zeile Berlin, dazu. Das heißt, das ist erst mal eine sehr starke Aussage. Das ist ein fettes Logo erst mal, also eines, dass uns auch auffällt. Und was wir zusätzlich gemacht haben, ist, dass wir verschiedene Flächen in einem grünen Ton, einem sehr hellen Grünton, der auch online sehr gut funktioniert, herum und dahinter gruppieren können, aber nicht müssen. Und diese Flächen generieren sich immer selbst. Also wenn man zum Beispiel heute die Webseite der FU Berlin öffnet und fünf Minuten später nochmal öffnet, hat man ein etwas anderes Logo. Das heißt, ein Algorithmus steht dahinter und verteilt diese Flächen immer neu hinter dem F und dem U und dem Schriftzug und zeigt damit eben auch immer wieder neue Möglichkeiten, neue Freiräume für Wissenschaft und verschiedene Sachen, die einfach auch dafür stehen, dass wir nicht jeden Tag gleich sind, dass wir nicht jeden Tag das Gleiche machen, dass wir hier kein bürokratischer Verein sind, der Sachen abarbeitet.

[00:08:53.040] - Ina Teloudis

Das ist eine schöne Symbolik, oder?

[00:08:54.580] - Karin Bauer-Leppin

Das war unser Ziel, die Symbolik. Das ist nicht gut verstanden worden. Ich hätte auch antworten können auf die Frage, wie unser Logo heute aussieht mit der Aussage des Tagesspiegels, die gesagt haben, es sieht aus wie ein vom E-Scooter überfahrene Limette. Das ist schon mal gleich in die nicht so schönen Seiten der Logo-Neuentwicklung zu kommen. Die Symbolik hat einen großen Teil eingenommen und ist letzten Endes auch Ergebnis dieses langen Prozesses, den ich schon angedeutet habe. Das heißt, wir haben nicht einfach nur aus grafischen Gesichtspunkten entschieden, sondern wir haben viel, viel mehr Zeit damit verbracht, zu überlegen, wofür wir stehen und was uns wichtig ist. Und da ist natürlich der Freiheitsbegriff und Freiräume und auch bestimmte Kantigkeit, die wir als FU Berlin in unserer Geschichte eindeutig immer haben. Wir sind kein leichter Partner. Wir sind in unserer Geschichte immer wieder sowohl politisch als auch inhaltlich angeeckt. Wir haben Charaktere herausgebildet und auch bei uns gehabt, die durchaus auch Bundespolitik mitbestimmt haben auf eine Weise, die aufgefallen ist. Wir sind nicht immer nett gewesen zu allen. Wir haben Kanten und Ecken und wir haben ein gewisses Selbstbewusstsein und das ist auch gut so.

Und das wollten wir damit auch ausdrücken, dass es im Prinzip auch der inhaltliche Faden gewesen und insofern haben die grünen Flächen und auch diese etwas fette Darstellung unseres fragmentierten Fs und U auch damit zu tun, wie wir uns sehen und wie wir auch von außen wahrgenommen werden.

[00:10:23.680] - Ina Teloudis

Wenn nun der Spiegel schon derartig beeindruckt war vom neuen Logo …

[00:10:27.640] - Karin Bauer-Leppin

Tagesspiegel, immerhin. Nur Tagesspiegel.

[00:10:30.880] - Ina Teloudis

Also wenn nun der Tagesspiegel schon derartig beeindruckt war in Berlin vom neuen Logo, würde mich mal interessieren, ob es vorher schon ähnliche Reaktionen gab, also im Entwicklungsprozess.

[00:10:41.360] - Karin Bauer-Leppin

Nein, tatsächlich gar nicht. Und wir hatten natürlich im Entwicklungsprozess verschiedene Pfade, die wir ausprobiert haben, wo wir auch in die grafische Entwicklung aufbauend dann auf dem neuen Markenkonzept, auf dem Markenleitbild eingegangen sind. Und verschiedene Sachen haben wir probiert und sind aber sehr, sehr schnell in enger Absprache mit dem Präsidium sehr, sehr einig gewesen, dass das der beste Weg ist. Gerade weil auch die Kombination aus den inhaltlichen Elementen und dem, was da inhaltlich gedanklich dahinter steht und dem, was man dort sah, auch wirklich gut funktioniert haben. Das heißt, es gab keine große Uneinigkeit in den final grafischen Entwicklungsteams.

[00:11:22.680] - Christian Freimuth

Du hast ja schon sehr deutlich am Anfang gesagt, dass die Anpassung des Logos oder das Modernisieren des Logos einerseits technische Aspekte hatte und natürlich den Aspekt hatte, dass es einfach nicht zu eurer Botschaft passte. Und jetzt interessiert mich natürlich schon dieser Strategieprozess, den ihr gemacht habt, wahrscheinlich Workshops, Gespräche, Umfragen und so weiter. Wie groß war denn da denn jetzt eigentlich noch der Anteil, sich die Botschaft noch mal zu vergegenwärtigen? Weil ich hatte den Eindruck, dass eure Kernbotschaft als Marke sich eigentlich gar nicht verändert hat?

[00:11:56.300] - Karin Bauer-Leppin

Genau. Also tatsächlich sind wir nahe an diesen Werten geblieben, die ja auch sogar im alten Logo und im weiterhin bestehenden Siegel stehen, nämlich als Kernwert an der Freiheitlichkeit, an Freiheit. Und Freiheit hat ganz verschiedene Ecken und Kanten und Seiten. Man kann frei von etwas sein, man kann frei sein für etwas. Und auch politisch hat der Freiheit begriff, gerade in den letzten Tagen, aber auch schon seit Corona, ganz viele Phasen durchlaufen, in denen er ganz unterschiedlich diskutiert wurde. Und das heißt, der Begriff Freiheit ist an sich schon sehr, sehr diskussionswürdig. Und es gibt auch, wenn man dann anfängt, über andere Sprachen nachzudenken, zum Beispiel das Wort free im Englischen wieder was völlig anderes meint, als das, was wir mit Freiheit meinen. Und das Wort liberal wiederum völlig falsch übersetzt werden könnte, weshalb wir zum Beispiel auch entschieden haben, den Begriff freie Universität Berlin nicht ins Englische zu übersetzen. Wir sind auch im Englischen the freie, und das ist auch wichtig, weil eben die Begriffe so schwer sind. Das ist der Kernwert geblieben, das hat sich wirklich nicht verändert. Und dann sind natürlich Begriffe wie Wahrheit und Gerechtigkeit eng mit dem verknüpft, was wissenschaftlich wichtig ist und was eigentlich das Streben auch ist. Also insofern sind wir nahe an unserem Kern geblieben. Der Protest der Universität, auch durchaus des Aufruhrs in den 68er-und folgenden Jahrgängen, aber auch in späteren Zeiten immer wieder, macht es auch gar keinen Sinn, sich davon zu entfernen. Es war uns eher wichtig, das auch grafisch wieder herauszuarbeiten, denn ein Siegel, das aussieht, als sei es historisch und würde für eine Universität stehen, die mit Talaren und mit Perücken – bis heute gibt es das ja – ihre Dekanate feiert, sind wir einfach nicht. Und deshalb brauchen wir auch nicht so tun, als seien wir das. Und das entspricht eben nicht dem, was eigentlich Freiheit bedeutet und was auch für die FU Freiheit bedeutet.

[00:13:57.380] - Christian Freimuth

Das klingt jetzt eigentlich alles total nachvollziehbar und als könnte überhaupt niemand irgendeine Kritik daran haben, weil es vollkommen einleuchtet unter uns erst recht. Und die technischen Fragen sind klar. Dass ihr eine moderne, relativ junge Uni seid, ist auch völlig klar. Das muss auch so aussehen. Wieso hatte irgendjemand was dagegen?

[00:14:16.240] - Karin Bauer-Leppin

Das ist wirklich eine sehr interessante Frage. Ich glaube, die Identifikation mit einem Arbeitgeber oder einer Universität, wo man studiert oder früher studiert hat, erfolgt dann doch erstaunlich stark über das Logo. Das ist ja eigentlich eine gute Botschaft. Das ist eigentlich was Gutes für die Markenentwicklung. Das heißt, die Identifikation mit solchen Sachen ist sehr hoch und Veränderungen sind immer erst mal schwer zu verdauen. Und die heutigen technischen Möglichkeiten der Social-Media-Kommunikation machen es möglich, dass jeder, der ein Störgefühl hat, das sowohl äußern kann als auch verstärken, indem er die Störgefühle anderer noch liked oder mit Kotz-Emojis oder anderen Sachen noch unterstützt. Ich glaube, es hat es schon immer gegeben, wenn man was verändert, dann gab es Widerstand und das habe ich auch vorher in dem Konzern erlebt, wo auch das Logo geändert wurde und wo das Gleiche passiert ist. Was ich aber auch erlebt habe, ist, dass diejenigen, die das gar nicht schlecht fanden und die das vielleicht sogar sehr gut fanden, auch ihre Stimme wesentlich weniger laut erhoben haben und dass eben auch diese Parteien, die etwas Hartes sagen, die etwas Provokantes sagen, durch die Algorithmen und durch andere Prozesse so viel mehr verstärkt werden, dass dann natürlich auch die Printmedien sich sozusagen auf Twitter und Instagram-User beziehen und deren Kommentare wiederholen und er verstärkt den Eindruck, das sei die Massenmeinung. Und das ist tatsächlich ein Effekt hier. Aber natürlich, Menschen stört es, wenn sich etwas verändert und Sie halten sich eben dann doch relativ stark an so einem Logo fest. Aber eine gute Nachricht ist tatsächlich: Nach zwei Jahren inzwischen kriege ich immer mal wieder einen Anruf oder eine Mail von jemandem, der sagt: Ich fand’s am Anfang schrecklich, aber wenn ich es mir jetzt so angucke, denke ich: Okay, kann man machen. Und das finde ich super. Erstens, dass die Leute das überhaupt sagen. Das ist natürlich gut und auch sehr beruhigend, aber auch, dass sie es offensichtlich so fühlen. Und tatsächlich haben mich damals auch viele Mails von Menschen erreicht, die gesagt haben: Ich finde es super. Ich freue mich, dass wir so was machen. Aber lauter waren einfach die, die es ganz furchtbar fanden.

[00:16:18.180] - Christian Freimuth

Aber spannend an der Stelle ist doch jetzt: Gibt es mehr negative Kritik an dem Aussehen oder tatsächlich daran, es passt nicht zu euch? Weil so wie du es eingeleitet hast, kann ich mir kaum vorstellen, dass Menschen gesagt haben, das passt gar nicht zu der Freien Uni, das hätte ganz anders aussehen müssen. Kommt da nicht tatsächlich auch viel Kritik, die mit dem Logo an sich gar nichts zu tun hat?

[00:16:39.280] - Karin Bauer-Leppin

So würde ich es auch sagen. Das haben auch andere Universitäten erlebt, die kürzlich ihre Logos verändert haben, die wirklich auch unangenehm sind, wo dann Leute irgendwelche Sachen darin sehen und behaupten, das sähe doch aus wie das Logo einer ländlichen Fachhochschule oder das sähe aus wie das Logo eines Energieversorgers oder was auch immer. Sie sehen Ähnlichkeiten mit anderen, sie sehen eine hässliche Farbe, sie sehen nicht … Ich kann mich auch nicht erinnern. Inhaltliche Kritik kann ich mich nicht gut erinnern, da war wenig. Es gab ein paar Kritikpunkte, die ich nachvollziehen konnte auch, dass diese Fragmentierung, wenn man sie sozialwissenschaftlich betrachtet, als Fragmentierung der Gesellschaft vielleicht etwas ist, was man nicht als stolzen Wert vor sich ertragen sollte, sondern wo man vielleicht eher daran arbeiten sollte, die zu verringern. Das war so ein Punkt, wo ich sage: Ja, okay, stimmt. Wir feiern ein bisschen die Fragmentierung und die Freiheit, die damit entsteht. Aber ja, das kann auch heißen, dass das natürlich vielleicht nicht nur ein positiver Wert ist. Das sind so Sachen, da waren inhaltliche Kritikpunkte, die ich auch gut nachvollziehen konnte und wo ich auch gerne in Diskussionen gegangen bin, wenn das so kam.

Aber sonst war es einfach nur hässlich, ich sage schon überfahrender Frosch oder Es gab sehr kreative Ideen, wie man das Logo beschreiben konnte.

[00:18:03.440] - Ina Teloudis

Ja, auch immer gerne genommen: Was hätte man mit dem Geld anderes machen können? Und die Toiletten übrigens in Fakultät XY.

[00:18:10.000] - Karin Bauer-Leppin

So ist es und das ist natürlich was, wo ich immer wieder auch ein bisschen enttäuscht bin, wie wenig fachmännisch eigentlich die Kritik ist. Die meisten Menschen sehen eben nach diesem langen Prozess, der sicherlich auch Geld kostet, sehen sie nur das Logo und fragen dann: Wieso kostet ein Logo so viel Geld? Aber das Logo kostet nicht das Geld. Das ist der Prozess dahinter, das ist die langfristige Entwicklung. Das ist die Einbeziehung der Vielen. Das ist überhaupt das Nachdenken über sich. Und das ist ja etwas, was unheimlich wichtig ist, denn für eine Universität ist es ja nicht gerade leicht sich auch von anderen Universitäten abzuheben. Weltweit haben Universitäten und auch Fachhochschulen und andere Bildungseinrichtungen ja die gleichen Produkte, die wir verkaufen. Wir machen Wissenschaft und wir machen Lehre und wir machen das vielleicht exzellent an der FU Berlin. Andere können das sozusagen nicht in dem Sinne des Exzellenz Wettbewerbs der DFG behaupten, aber dennoch finden sie ihre Wissenschaft exzellent. Und wir machen vielleicht die Lehre besser als andere, aber woran wollen wir das messen? Das heißt, die Faktoren, die uns von anderen unterscheiden, der Unique Selling Point, oder sowas, ist nicht so leicht herauszuarbeiten, weil wir den einfach nicht haben. Das heißt, wir können eigentlich nur über Kleinigkeiten gehen. Wir können nicht sagen, wir sind super in der Forschung oder in der Lehre, weil wir uns damit nicht von anderen abheben, weil das natürlich alle von sich behaupten. Selbst Aussagen - wir sind sehr, sehr gut tatsächlich an der FU, auch führend in Deutschland, im Thema Nachhaltigkeit. Aber auch das behauptet erst mal jeder von sich. Und das sind sogenannte Hygienefaktoren, wo man sagen muss: Ja klar, das erwartet ja auch jeder von uns. Was ist aber das Spezifische? Was ist diese eine Sache, die die FU Berlin wirklich von allen anderen unterscheidet? Und die müssen wir doch nach außen tragen und die müssen wir herausarbeiten und aus dem Ei pellen und so richtig schön in die Mitte unserer Kommunikation stellen. Und das war schwer. das hat lange gedauert, das rauszukriegen.

[00:20:09.280] - Christian Freimuth

Das hört sich so ein bisschen an, dass die Kritik vor allem von außerhalb der Fachcommunity dann kommt, bei der noch nicht angekommen ist, dass Hochschul Branding schon längst kein nice to have mehr ist, wie du schon sagst. Und ihr seid ja nicht in dem Sinne öffentlich wie die BVG oder die Deutsche Bahn, die einen Rechtfertigungsdruck zu haben scheinen für bestimmte Leute, so nach dem Motto: Wollt ihr das Geld nicht woanders investieren? Das scheint ja auch bei Bildungseinrichtungen auch so zu sein.

[00:20:48.420] - Karin Bauer-Leppin

Absolut. Na ja, klar, wir sind öffentlich finanziert und wir müssen natürlich schauen, dass wir unsere vom Steuerzahler finanzierten Gelder wirklich gut und sinnvoll einsetzen. Und wenn man sich aber anschaut, was Marken Entwicklungsprozesse in Unternehmen kosten können, dann sehe ich bei allen Kolleginnen und Kollegen, nicht nur bei uns, eine große Bescheidenheit und einen großen Effekt für viel, viel weniger Geld, als ich in einem Konzern oder sowas zur Verfügung hätte, für den gleichen Prozess. Und das ist etwas, was aber natürlich nicht gesehen wird. Das ist viel leichter zu sagen, da fehlt aber die Sanierung der Toilette im Physikgebäude und es wird eben nicht anerkannt. Es gibt sogar ein großes Missbehagen, insbesondere bei uns, aber auch, sehe ich auch in der Kritik an anderen Universitäten, überhaupt gegen Marketing. Das scheint immer noch etwas zu sein, was irgendwie so ein bisschen Bäh-bäh ist und was man irgendwie mit dem wissenschaftlichen Anspruch nicht vereinen kann.

[00:21:39.580] - Ina Teloudis

Jetzt würde mich nochmal interessieren: Wie seid ihr damit umgegangen? Du hast ja schon ein bisschen gucken lassen, dass es wohl auch social media- mäßig ordentlich Gegenwind gab, aber ja wahrscheinlich auch nicht nur. Wie seid ihr damit umgegangen? Was war da so die Gegenmaßnahme?

[00:21:54.960] - Karin Bauer-Leppin

Viel ist aushalten, was wir gemacht haben, und, das sehe ich auch bei den Kolleginnen und anderer Unis, die auch jetzt ihre Marken erneuert haben, sind erklärende Videos, erklärende Texte, alle möglichen Formen der Kommunikation, die die Hintergründe noch mal darstellen. Wir haben sehr, sehr viele Mails erhalten und sofern die einigermaßen ihre Verärgerung im Zaum gehalten haben und die Regeln des Anstands einigermaßen eingehalten haben, haben wir die auch beantwortet und haben immer wieder bestimmte Argumente hervorgebracht. Es gab auch Kategorien, die konnten wir nachher auch absehen. Es gab Kritik an der Farbe, dieses Grün, was viele etwas zu schrill fanden. Es gab Kritik an dem fragmentierten, es gab Kritik am Gesamt-Logo, es gab Kritik an der Frage, wie viel Geld wir angeblich ausgegeben hätten, was die Leute ja in der Regel auch gar nicht wissen und auch nicht richtig einschätzen. Also es gab verschiedene Formen der Kritik, für die wir verschiedene Antworten vorbereitet hatten und dann auch wirklich mit großer Geduld immer wieder gegeben haben. Am wichtigsten war wahrscheinlich aber auch die interne Kommunikation, weil die Kritik, die jetzt von Fremden kommt, das ist etwas, was man auch ein bisschen an sich abprallen lassen kann, weil das sind Leute, die beschäftigen sich, weil es gerade eine Aufregung ist, mal zwei Minuten mit dem Logo der FU Berlin und gehen dann wieder zurück in ihre Wirklichkeit und haben mit uns ansonsten auch wenigstens nicht zu tun.

Aber diejenigen, die bei uns sind, die bei uns studieren, die sich vielleicht künftig für ein Studium bei uns interessieren, Menschen, die uns nahe sind, sind noch mal viel wichtiger zu überzeugen. Und da haben wir wirklich versucht, mit allen möglichen Gesprächsangeboten aber auch dem Weg durch die Gremien, also Auftritte in Dekanaten, in dem akademischen Senat, in Fachbereichssitzungen und so weiter, immer wieder zu erklären, warum konnten wir es nicht so lassen, wie es war? Das war eigentlich die Hauptfrage: Warum haben wir nicht einfach alles so gelassen, wie es war?

[00:23:48.740] - Christian Freimuth

Du hast ja anfänglich schon gesagt, ihr habt einen ziemlich großen Prozess sogar durchlaufen in dieser Phase. Zum einen wolltet ihr den Input haben und zum anderen geht es ja darum, auch da die Leute mitzunehmen, auf allen Ebenen. Magst du da noch mal zwei, drei Sachen zu sagen? Wie seid ihr das angegangen? Mit welchen Tools oder auch mit welchen Zielsetzungen?

[00:24:09.020] - Karin Bauer-Leppin

Ja, gerne. Wir haben zunächst mal Interviews geführt mit Menschen – das ist wieder so ein Marketing-wort, was viele nicht mögen –, aber mit unseren Stakeholdern, und zwar den ganz engen. Wir haben die gefragt: Was sehen Sie in uns und was finden Sie blöd an uns und was finden Sie super an uns? Das waren sehr lange Interviews, die wir sehr ausführlich dokumentiert haben und aus denen wir schon ein ziemlich starkes Bild über die FU Berlin ermittelt haben. Und das Bild haben wir dann in die Größe getragen und haben stadtweit und auch universitätsweit mehrere Befragungen durchgeführt und geguckt, teilen die Menschen die Werte und die Aussagen, die diese kleinere Gruppe vorher ermittelt hatte. Wir hatten außerdem parallel zum ganzen Prozess einen Beirat gegründet, der aus Mitgliedern der Universitätsleitung, aus Mitgliedern dieser Stakeholder-Gruppen verschiedener Statusgruppen bestand, aber auch Fachleute enthielt aus dem Bereich Marketing. Wir haben das natürlich auch bei uns im wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereich, entsprechende Professoren, die sich damit wissenschaftlich beschäftigen und die wir eingebunden haben. Und so hatten wir alle diese Schritte, die verschiedenen Befragungen, die Auswertungen und dann aber auch die Ableitung, haben wir dann mit diesem Gremium besprochen und auch innerhalb dieses Gremiums arbeitet. Und da geht es am Ende in dieser Entwicklung eines Markenleitbilds jedes einzelne Wort.

Und das ist ein schweres Ringen, weil man versucht, auf den Punkt zu bringen, wer man ist. Und gleichzeitig muss man damit natürlich vieles ausschließen. Man kann nicht einfach, wie man in der Wissenschaft und in der Universität es irgendwie besser kann, 300 Seiten Papiere schreiben, sondern man möchte drei Sätze schreiben. Und das ist sehr, sehr schwer. Und das ist aber auch ein unheimlich lohnenswerter Prozess, weil man dann nämlich in diesem Gremium merkt: Wo ist der Kern? Was tut den Leuten weh? Ist es wirklich dieses eine Wort? Wir hatten zum Beispiel sehr, sehr viel über das Wort mutig diskutiert. Sind wir mutig? Können wir überhaupt mutig sein? Ist das überhaupt eine legitime Eigenschaft für eine Institution? Und so weiter. Man kommt in eine tiefe philosophische Debatte über jedes einzelne Wort, was man benutzt, bis man es dann hat. Und das ist irgendwie anstrengend und ein Wunder zugleich, weil am End-Level am End-Level hat man diese tollen Sätze und denkt: Wo sind die denn jetzt auf einmal hergekommen? Das ist wirklich ganz cool.

[00:26:21.740] - Christian Freimuth

Und wie habt ihr das dann präsentiert, als ihr dann fertig wart?

[00:26:26.760] - Karin Bauer-Leppin

Da würde ich sagen, waren wir vielleicht nicht so gut. Heute würde ich das anders machen. Das war vielleicht nicht die beste Idee. Wir waren im Jahr der Logo-Neuentwicklung 75 Jahre alt geworden und das feiert man natürlich als junge Universität, so einen Geburtstag alle 25 Jahre. Und wir haben die Verkündung des neuen Logos mit der großen Eröffnungsparty oder der Eröffnungsveranstaltung dieses Jubiläumsjahres verknüpft. Das heißt, auf der Jubiläumsjahr Veranstaltung, auf der wir über die vergangenen 75 Jahre gesprochen haben und bei der wir uns präsentiert haben als Universität, haben wir dann – das wurde sehr kritisiert –, wie Kai aus der Kiste auch noch das neue Logo präsentiert. Und ich glaube, damit haben wir tatsächlich nicht die beste Idee gehabt, weil das, glaube ich, die Menschen tatsächlich überfordert hat, in so einer Veranstaltung dann auch noch mit so einer Veränderung konfrontiert zu werden. Die Menschen hätten wissen können, dass das kommt, weil, wir hatten auch tausende Teilnehmer an diesen Umfragen und immer wieder, wir haben kein Geheimnis daraus gemacht und viele hatten die Möglichkeit, am Prozess teilzunehmen. Aber dennoch ist natürlich am Ende, wenn man es ausrechnet, von den über 40.000 Menschen, die Mitglieder der Universität sind, haben am Ende dann ja doch nur zwei bis zweieinhalbtausend Menschen daran teilgenommen. Das lässt einen großen Teil der Menschen übrig, die davon eben noch nichts mitbekommen hatten. Und dieser Teil und vielleicht auch einige, die mitgemacht hatten, aber eben doch überrascht waren, die saßen da etwas konsterniert vor unserer sorgsam überlegten Vorführung. Und das würde ich heute nicht nochmal so machen. Da würde ich sagen, hätten wir ein bisschen emotional sensibler rangehen müssen, hätten vielleicht erst mal die Eröffnung gefeiert und dann das irgendwie anders gemacht. Ich weiß jetzt nicht genau, wie, aber im Nachhinein sage ich, da haben wir vielleicht nicht die beste Idee gehabt.

[00:28:21.770] - Ina Teloudis

Es ist trotzdem überraschend. Also für mich ist es überraschend, weil der Geburtstag ist ein sehr emotionales Thema. So ein Logo ist offensichtlich ein sehr hoch emotionales Thema und ihr habt ja sicherlich Gutes im Sinne gehabt damit.

[00:28:34.040] - Karin Bauer-Leppin

Immer.

[00:28:35.020] - Ina Teloudis

Da sagt man: Mensch, das ist eine tolle Gelegenheit. Es kommen alle zusammen, wir feiern und dann schenken wir uns das neue Logo zu diesem Anlass. 

[00:28:44.680] - Karin Bauer-Leppin

Aber auch das sieht man an vielen Universitäten und Hochschulen, die jetzt Logos verändert haben, – wahrscheinlich auch egal, wann man es wie präsentiert. Sie haben alle, wirklich alle, auch auf schlimmste Weise ihr Fett weggekriegt. Und das ist eine sehr, sehr schwierige Art, damit umzugehen. Ich habe vorhin gesagt, wie wir sachlich damit umgegangen sind, aber für uns emotional ist das nicht leicht. Man macht sich wirklich Arbeit, man hat über Jahre daran gearbeitet. Es gibt gute Gründe, das so zu machen. Und dann kommen, sorry, aber völlig unqualifizierte Aussagen darüber.

[00:29:17.560] - Ina Teloudis

Ja, ob der ist gut und die Limette war es?

[00:29:20.180] - Karin Bauer-Leppin

Genau. Und das sind einfach Aussagen, die … Das tut weh, natürlich tut das weh und das sehe ich nicht nur bei uns. Da kann man in jeder Uni, Hochschule fragen, wo das passiert ist. Und selbst kleinere Veränderungen haben bei manchen Hochschulen schon massiven Shitstorm ausgelöst. Und offensichtlich ist unsere Fähigkeit, gesellschaftlich gesehen, mit Neuerungen umzugehen, so gering, dass man vielleicht auch damit leben muss, dass solche Sachen erst mal ausgelöst werden dadurch. Und das macht einen natürlich, wenn ich jetzt noch mal ein Logo für eine Uni entwickeln würde – ich habe jetzt keine große Lust darauf –, aber falls das nochmal passiert, muss man möglicherweise noch mehr an der Selbstsicherheit arbeiten. Das hatten wir zum Glück, an der Selbstsicherheit arbeiten, dass man wirklich innerhalb des Gremiums, das erarbeitet, sich einig ist. Ich glaube, wenn man in so einer Phase vielleicht auch noch leichte Unsicherheiten beim erarbeitenden Gremium und der Hochschulleitung hat, dann fällt man um. Aber wir hatten zum Glück ein ganz klares Votum der Hochschulleitung und wir hatten die hinter uns. Und das war das, was uns durch diese Zeit getragen hat. Denn natürlich gab es, ebenso wie es das jetzt in der TU Dresen, ebenso wie es an der Uni Marburg gibt, da gab es natürlich sofort Petitionen mit tausenden Unterschriften, die gefordert haben, wir sollen das alles wieder abschaffen. Und dafür braucht man auf jeden Fall eine gute Rückendeckung und eine große Selbstsicherheit. Man hat einen guten Prozess gemacht, man hat das richtig gemacht, man hat sich was dabei gedacht, das ist nicht zufällig entstanden.

[00:30:48.480] - Christian Freimuth

Ja, da bricht sich dann wahrscheinlich Protest laut von denen, die entweder meinen, sie wüssten es besser oder sie haben sich nicht gefragt gefühlt. Es gab ja auch schon große Marken wie Pepsi zum Beispiel, die das auch erlebt haben und ein paar Jahre später stellt das halt niemand mehr infrage. Es ist teilweise ein Zeichen der Zeit und teilweise eben tatsächlich damit verbunden, dass ihr in einer exponierteren Lage seid, einfach wo Menschen sich halt wirklich auch beteiligt fühlen. Also man bewirbt sich dann mit den Unterlagen, mit dem Logo, mit dem alten Logo. Ist das so, dass Menschen dann auch sagen: Da ist jetzt noch irgendwie ein altes Logo drauf, das wird jetzt gar nicht mehr erkannt? Gibt es solche Rückmeldungen dann auch dazu?

[00:31:31.060] - Karin Bauer-Leppin

Ja, tatsächlich. Und da können wir zur Beruhigung aller sagen, auf diesem Zeugnis war nie das Logo der FU Berlin drauf, sondern immer das Siegel. Und auch in Zukunft wird da immer das Siegel drauf sein. Das heißt, dieses Siegel mit den lateinischen Wörtern drin, ist nicht verloren gegangen. Wir hatten wirklich auch Panikkäufe in unserem Unishop, weil die Leute alle dachten: Ich kriege nie wieder diese schönen T-Shirts mit dem schönen Siegel. Und auch da ,die gute Nachricht ist: Das Siegel haben wir gar nicht angetastet. Es ist immer noch genauso wie immer und es wird auch immer noch auf den Zeugnissen sein. Und wenn jemand sich besser damit fühlt, auf seiner Doktorarbeit oder auf anderen Sachen nicht das Logo der Universität, sondern das Siegel abzubilden, feel free, es ist möglich. Und auch das Siegel ist weiterhin urheberrechtlich geschützt und markenrechtlich, ebenso wie das Logo. Man kann beides verwenden, aber nicht mehr das Siegel mit diesem langen Schriftzug, was ja letzten Endes auch nie wirklich ein Logo war, sondern ein Siegel mit einem langen Schriftzug.

[00:32:25.700] - Ina Teloudis

Das klingt so versöhnlich jetzt zum Ende. Das gefällt mir sehr gut.Haben wir noch einen wichtigen Aspekt vergessen? Was denkst du, Karin?

[00:32:39.020] - Karin Bauer-Leppin

Ich glaube, wir haben über vieles gesprochen. Und das mache ich auch gerne, wenn ich Kolleginnen und Kollegen treffe für die mich auch nach meinen Erfahrungen, fragen, immer nur sagen, man kommt da durch, man hält das aus, es vergeht, es ist nach einer gewissen Weile weg. Und das ist eine wichtige Botschaft. Das ist ein Sturm und der Mensch, der fühlt sich berufen. Es ist auch einfach für ihn, ein Logo zu kritisieren, weil andere Sachen sind viel zu komplex, kritisiert zu werden. Insofern, wenn man sich das bewusst macht, dann muss man irgendwie auch ein bisschen damit leben, dass man sich irgendwie einen Regenanzug anzieht und das alles ein bisschen über sich niederprasseln lässt und dann kann man den auch nach einer Weile wieder ausziehen und alles wird gut.

[00:33:21.620] - Ina Teloudis

Bist du denn heute, zwei Jahre nach dem Rebranding, bist du happy mit dem Logo?

[00:33:26.620] - Karin Bauer-Leppin

Absolut. Wir sehen das auch zunehmend. Und eine Sache, die uns ein bisschen versöhnt hat, ist erstens: Unsere ganzen Erstsemester-Studierenden kriegen einen Rucksack und man sieht es jetzt sehr, sehr viel auf dem Campus. Und das zweite ist, selbst in unseren Protest-Camps und Aktionen, die wir zuletzt erlebt haben, haben die Leute unser neues Logo verballhornt. Was ich cool finde, weil es heißt, offensichtlich, sie haben es geschluckt, sie haben es angenommen und jetzt verballhornen sie es, aber nicht, weil sie das Logo schlecht finden, sondern weil sie uns als FU nicht richtig finden innerhalb ihrer Proteste. Und insofern, dann ist das Logo auch in diesen Gruppen angekommen. Das hat mich direkt gefreut, auch wenn natürlich diese Proteste wieder ganz neue Sachen hervorrufen, über die wir auch ausführlich sprechen könnten. Aber als Logoentwicklung muss man sagen, wenn es am Ende auf Protest Plakaten auftaucht, dann ist es offensichtlich durchgesickert.

[00:34:17.940] - Ina Teloudis

Mensch, dann danke ich dir, dass du so ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert hast und uns auch mal hinter die Kulissen hast gucken lassen, die schönen und die nicht so schönen Seiten gezeigt hast. Ja, spannendes Feld. Danke schön.

[00:34:28.700] - Karin Bauer-Leppin

Gerne.

[00:34:30.000] - Ina Teloudis

Ja, Christian, das war auf jeden Fall ein auch schmerzhafter Prozess. Kannst du jetzt noch mal für uns zusammenfassen, was aus Expertensicht deine Main Take-Aways waren heute aus der Folge?

[00:34:41.360] - Christian Freimuth

Ja, also als erstes haben wir gelernt, Gegenwind in Markenbildung muss nicht automatisch ein schlechtes Zeichen sein. Also Gegenwind ist erst mal eine normale Reaktion auf Veränderungen bei vielen Menschen und die zeigt, dass die Menschen sogar eine starke Bindung oder sogar eine Identifikation mit der Marke haben. Und die Größe des Gegenwind kann sogar heißen, dass die Relevanz der Marke höher ist und das ist erstmal ein gutes Zeichen. Dann ist ein guter Prozess im Vorhinein natürlich unumgänglich, alle Menschen und Stakeholder mitzunehmen. Man muss alle Aspekte mal gehört haben und einbeziehen und das sorgt dann auch dafür, dass man sich intern zu 100% sicher ist und dass alle, die nach außen dann später sprechen, Rückendeckung haben, denn die braucht man offenbar für den Gegenwind, mit dem ja mehr oder weniger stark auf jeden Fall zu rechnen ist. Ein weiterer Grund, warum es diesen Prozess braucht, ist natürlich, dass für das Branding die Strategie das Allerwichtigste ist. Das haben wir ja auch gehört. Also es muss einen soliden Markenkern geben oder eine Brand-Story. Die muss ja in allen Detail-Maßnahmen transportiert werden und auf der Fuß dann auch jede Argumentation, wenn man die denn braucht, Wenn der Gegenwind kommt für jede dieser Maßnahmen und eben auch für das Logo, das gibt dann allen Beteiligten Sicherheit auf jeden Fall. Es kann natürlich auch sein, dass der Gegenwind ein Hinweis auf Kommunikationsprobleme ist. Also wenn sehr starke Kritik kommt, dann kann das bedeuten, dass nicht genug erklärt wurde, warum das Logo geändert wurde und wofür es steht. Dann kann es auf jeden Fall helfen, das nachträglich zu erklären und die Leute noch mal mitzunehmen. Aber wir haben auch gelernt, es geht vorbei, der Sturm lässt auch wieder nach.

[00:36:13.800] - Ina Teloudis

Fast so ein bisschen als wäre das die wichtigste Erkenntnis hinten raus, Christian. Vielen, vielen Dank. Das war sie. Folge 5 von Insight Hochschulkommunikation. Von Expert: innen für Expert: innen. Alles rund Kommunikation, PR, Marketing, Digitalisierung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Powered by Bundesverband, Hochschulkommunikation und Mandarin At You. Wer Feedback hat, nehmen wir sehr, sehr gerne. Auch kritisches Feedback, auch Gegenwind. Schreibt uns gerne, lasst uns ein bisschen ins Gespräch kommen. Alle Kontaktinfos findet ihr wie immer in den Shownotes und wenn euch diese Folge gefallen hat, teilt sie gerne in euren Netzwerken, bewertet uns auf der Plattform eures Vertrauens und schaltet vor allem wieder ein in 14 Tagen. Bis dann.